Vom Verständnis der christlichen Ehe als Sakrament her hält die katholische Kirche daran fest, daß die sakramental geschlossene und als solche vollzogene Ehe weder durch die Eheleute selbst zurückgenommen noch durch irgendeine Macht aufgehoben werden kann. Die Kirche sieht aber auch, daß Ehen in eine Krise geraten und scheitern können. Unter denen, die sich scheiden lassen, gibt es heute mehr und mehr auch katholische Christen. Jedes Scheitern einer Ehe ist für die Betroffenen schmerzlich. Es hinterlässt Wunden und häufig auch bedrückende soziale Folgen. Manche Ehegatten sind von ihrem Ehepartner verlassen worden und leben getrennt von ihm. Andere haben sich so auseinandergelebt, daß sie keine Chance mehr für eine Versöhnung mit dem Ehegatten sehen und als Geschiedene allein leben.
Getrennt Lebende und Geschiedene, die für ihr weiteres Leben allein bleiben, können und sollen weiterhin am Leben der Kirche teilnehmen und ihre Sakramente empfangen. Bei anderen stellt sich manchmal auch in einem kirchlichen Eheprozeß heraus, daß die Partner gar keine gültige Ehe eingegangen sind. Wieder andere entschließen sich nach kürzerer oder längerer Zeit nach der Scheidung einer gültigen Ehe zu einer standesamtlichen Wiederverheiratung.
Das ist in zunehmendem Maße auch bei solchen katholischen Christen der Fall, die am Leben der Gemeinde teilnehmen und in der Kirche Heimat gefunden haben. Oft fühlen sich katholische Christen, die nach der Scheidung eine zivile Ehe eingegangen sind, in der Kirche nicht mehr ganz zu Hause. Manche wenden sich sogar ganz von ihr ab, weil sie irrtümlich annehmen, sie seien aus der Kirche ausgeschlossen. Andere wiederverheiratete Geschiedene äußern den dringenden Wunsch, in der Gemeinschaft der Glaubenden am eucharistischen Mahl teilnehmen zu dürfen.
Wiederverheiratete Geschiedene gehören auch weiter zur Kirche und sind zum Gottesdienst wie auch zu allen kirchlichen Veranstaltungen eingeladen wie alle anderen Christen. Wiederverheiratete Geschiedene sollen bedenken, daß sie in unterschiedlichen Weisen am Leben der kirchlichen Gemeinschaft teilnehmen können.
Wiederverheiratete Geschiedene können nach der geltenden Ordnung der Kirche nicht zu den Sakramenten zugelassen werden. Die Kirche hat schon seit langer Zeit wiederverheirateten Geschiedenen den Zugang zur Eucharistie eröffnet, wenn sie zwar miteinander eine enge Lebensgemeinschaft teilen, jedoch im Blick auf das persönliche Verhältnis zueinander wie Bruder und Schwester, das heißt, enthaltsam leben. Die Kirche weiß um die Not vieler und leidet an ihr mit. Sie sucht in ihrem Hirtendienst und in der Theologie nach Hilfen, die mit der Weisung Jesu und der Lehre der Kirche über die unwiderrufliche Treue in der Ehe vereinbar sind.
Katholischer Erwachsenen - Katechismus, herausgegeben von der Deutschen Bischofskonferenz, Bd. I. 1985/ Bd.II. 1995, hier: Bd II. 351