Als "Päpstliches Geheimnis" werden strenge Geheimhaltungsnormen für bestimmte Rechts- und Verwaltungsvorgänge in der katholischen Kirche bezeichnet. Ihre Verletzung steht unter Strafe. Der Geltungsbereich des sogenannten Secretum pontificium wurde von Papst Franziskus geändert; die letzte Neuregelung zuvor stammte von 1974.
Weiterhin werden vom "Päpstlichen Geheimnis" Vorgänge bezüglich der Ernennung neuer Bischöfe geschützt. Der entsprechende Verwaltungsvorgang darf niemandem, der nicht unmittelbar an dessen Entstehung oder weiterer Bearbeitung beteiligt ist, offengelegt oder bekannt gemacht werden.
Franziskus strich dagegen das "Päpstliche Geheimnis" bei der Verfolgung von Missbrauchsstraftaten. Er löste die Verschwiegenheitspflicht bei kirchlichen Strafrechtsverfahren wegen Sexualdelikten ab, etwa sexuelle Handlungen mit Minderjährigen, Besitz und Verbreitung von kinderpornografischem Material sowie Vertuschung.
Damit dürfen unter anderem Opfer nicht zu Geheimhaltung verpflichtet werden. Auch wird die Zusammenarbeit zwischen der kirchlichen und der weltlichen Justiz erleichtert. Das Beichtgeheimnis bleibt davon unberührt. Entscheiden, ob etwas unter das "Päpstliche Geheimnis" fallen soll, können neben dem Papst auch die Präfekten als Leiter von Vatikanbehörden sowie Päpstliche Gesandte.
Auch die bislang geltende Norm "Sacramentorum sanctitatis tutela" von 2001 stellte Missbrauchsverfahren unter "Päpstliches Geheimnis". In Artikel 30 heißt es: "§ 1. Die genannten Verfahren unterliegen dem päpstlichen Amtsgeheimnis. § 2. Wer immer das Amtsgeheimnis verletzt oder, sei es aus List oder aus schwerer Fahrlässigkeit, dem Angeklagten oder den Zeugen einen anderen Schaden zufügt, ist auf Antrag des Geschädigten oder auch von Amts wegen vom höheren Gericht mit angemessenen Strafen zu belegen."
Kritiker des kirchlichen Umgangs mit Missbrauchsfällen haben wiederholt das Päpstliche Geheimnis als eine Ursache für Vertuschung oder ungenügende Behandlung von Missbrauchsfällen bezeichnet. (kna)