"In gewisser Weise müssen wir uns neu erfinden", betonte er. "Wenn wir es einfach so lassen wie bisher, wird sich die Kirche in vielen Punkten in kurzer Zeit erübrigt haben", warnte Bätzing. "Alle sehen: Es braucht Veränderung", unterstrich der seit September 2016 amtierende Bischof der Diözese Limburg zum Abschluss seiner Visitation in Frankfurt.
Derzeit erlebe die katholische Kirche einen "Relevanzverlust", ihr gehe "die Bindungskraft verloren", und eine "milieugestützte Weitergabe des Glaubens" finde fast nicht mehr statt, sagte Bätzing. Es gehe deshalb heute darum, stärker direkt bei den Menschen etwa in Bürostädten präsent zu sein und nach dem zu fragen, was die Menschen bräuchten.
"Genug Kirchen aber zuwenig Kirche"
"Wir haben Kirchen genug, aber wir haben zuwenig Kirche", sagte Bätzing. Wie man die Menschen wieder erreichen könne, müsse die Kirche nun neu lernen, auch durch "Trial and error" (Versuch und Irrtum). Wichtig sei, die Übergänge gut zu gestalten, etwa von den bisherigen Ortsgemeinden hin zu den größeren "Pfarreien neuen Typs". Diese müssten stärker als bisher "Schwerpunkte setzen".
"Ich habe gemerkt: Ich muss es ansprechen"
Bei seiner Visitation in Frankfurt habe er auch gemerkt, dass die von der Bischofskonferenz in Auftrag gegebene und im September 2018 veröffentlichte Missbrauchsstudie die Gläubigen "massiv erschüttert" habe. Bemerkenswert sei aber gewesen, dass er bei seinen Besuchen in den Pfarrgemeinden in der Regel von Gläubigen nicht direkt darauf angesprochen worden sei.
"Ich habe gemerkt: Ich muss es ansprechen", sagte der Bischof. "Und wo ich von mir aus das Thema aufgemacht habe, da sprudelten die Leute." Er habe dabei "Aggression, Enttäuschung und Wut" gespürt. Bätzing forderte, die "systemischen Ursachen des Missbrauchs" in der katholischen Kirche "auf allen Ebenen" anzugehen.
Der Limburger Bischof war den Angaben zufolge an insgesamt 50 Tagen zur Visitation in Frankfurt und absolvierte dort gut 300 Veranstaltungen und Termine.