Die Queen und die anglikanischen Bischöfe

Abwarten und Tee trinken

Sie ist das weltliche Oberhaupt der anglikanischen Staatskirche, die derzeit tief in der Krise steckt. Doch bislang hat sich Königin Elisabeth II. nicht öffentlich zu den innerkirchlichen Streitereien über Homosexuelle und Frauen im Bischofsamt geäußert. Und würde es überhaupt etwas bringen?

Autor/in:
Gaby Mahlberg
 (DR)

Für Donnerstagnachmittag hat sie aber die rund 650 Bischöfe der anglikanischen Weltgemeinschaft, die derzeit auf der Lambeth-Konferenz im englischen Canterbury tagen, zu einer Gartenparty eingeladen. Worüber die Queen und die Bischöfe beim Tee im Garten des Londoner Buckingham Palastes reden werden, ist ungewiss.

"Wahrscheinlich über ganz unverfängliche Themen," meint Frances Knight, Kirchenhistorikerin und Dekanin der theologischen Fakultät an der walisischen Universität Lampeter. Formelle Reden soll es jedenfalls nicht geben. "Niemand erwartet von ihr, dass sie die aktuelle Lage kommentiert," erläutert Knight. Es sei völlig "unangemessen" für die Queen, Partei zu ergreifen. Innerhalb der "Church of England" ist die Königin nämlich genauso machtlos wie in ihrer Rolle als britisches Staatsoberhaupt. Auch in dieser Funktion liest sie alljährlich zur Parlamentseröffnung das Regierungsprogramm des jeweiligen Premierministers vor - hat aber kein Mitspracherecht in der Tagespolitik.

Paralleler Machtverfall?
"Der Machtverfall der englischen Monarchie entwickelte sich parallel in Kirche und Staat", meint der Historiker Arthur Burns vom Kings College in London. Entzog sich Heinrich VIII. einst mit seiner Abspaltung der englischen Kirche dem Einfluss Roms, um seine Scheidung von Katharina von Aragon zu legitimieren und die Entscheidungsgewalt in Staat und Religion in seiner Person zu vereinen, ist von dieser Macht heute nur noch wenig zu sehen.

Seit der Entwicklung der parlamentarischen Monarchie im späten 17.
und frühen 18. Jahrhundert ist die Rolle des Premierministers auf Kosten der Krone beständig gewachsen. Zeitgleich beschleunigte sich die Emanzipation der anglikanischen Kirche von den wechselnden Herrschergeschlechtern mit ihren jeweiligen Konfessionen. Nachdem mit Jakob II. der letzte katholische König ins Exil gehen musste, wurde auch der Einfluss des Monarchen auf die Kirche gelockert. So wollte man größere Veränderungen durch die Willkür eines weltlichen Herrschers verhindern.

Abwarten und Tee trinken
Noch weniger als in der Kirche von England hat Elisabeth II.  innerhalb der anglikanischen Weltgemeinschaft zu sagen. Hier bestehe nur eine "lockere Verbindung" aus Zeiten des britischen Kolonialreiches, die weitgehend auf "Tradition und Zuneigung" basiere, erklärt ein Sprecher der Kirche von England. Diese Verbindung könnte auch Thema für private Gespräche auf der Gartenparty liefern, meint Kirchenhistorikerin Knight. "Die Queen ist viel gereist in ihrem Leben, und die Bischöfe kommen aus aller Welt. Da wird man sich schon einiges zu erzählen haben."

Trotzdem muss die Queen aufpassen, dass ihr die koloniale Vergangenheit ihres Landes nicht zum Verhängnis wird - besonders bei den Kirchenführern aus afrikanischen und asiatischen Ländern.

Konservative Gegner von Ehrenprimas Rowan Williams haben den Erzbischof von Canterbury jüngst als "Relikt des Kolonialismus" bezeichnet und seine Führungsrolle angezweifelt. Wegen dieser Spannungen sei unsicher, ob überhaupt alle Bischöfe an der Gartenparty teilnehmen, meint Knight. Bei so vielen verfänglichen Situationen bleibt der Queen wohl nichts anderes übrig, als mit ihren Gästen über das berühmte englische Wetter zu reden. Was die Probleme der anglikanischen Kirche betrifft, gilt einstweilen
weiterhin: Abwarten und Tee trinken.