Wie sich der Mörder und Papstattentäter Agca auf die Freiheit vorbereitet

Aus dem Knast in den Urlaub

Nach der langen Zeit im Gefängnis will Mehmet Ali Agca erst einmal ausspannen. Der Mann, der 1981 auf dem Petersplatz den damaligen Papst Johannes Paul II. mit mehreren Schüssen schwer verletzte, will in Urlaub fahren. Gleich nach seiner Haftentlassung in der Türkei am kommenden Montag werde Agca "in ein Feriengebiet" reisen, kündigte sein Anwalt an.

 (DR)

Nach zwei Wochen Urlaub will Agca dann entscheiden, wo und wie er seine Lebensgeschichte in Film und Fernsehen am besten vermarkten kann. Eine Reise nach Rom ist dem Anwalt zufolge ebenfalls in Planung. Und die Menschheit retten will Agca auch noch: Er hat die Vorlage des «perfekten Testaments» für ein «perfektes Christentum» angekündigt.

Mit merkwürdigen Auftritten hat Agca in den vergangenen Jahrzehnten schon häufiger von sich reden gemacht. Mal bezeichnete er sich als Jesus Christus, mal warf er dem Vatikan dunkle Komplotte vor. Manche Beobachter meinen, Agca habe absichtlich den Verrückten gespielt, um die Ermittlungen zu behindern. Die Wahrheit über die Hintergründe des Attentats ist jedenfalls bis heute nicht bekannt. Spekulationen über eine «bulgarische Spur» und eine Beteiligung des Kreml sind nie abgerissen - auch 29 Jahre nach dem mysteriösen Attentat nicht.

Für seinen Angriff auf den Papst, der ihn zwei Jahre nach dem Attentat im Gefängnis besucht und verziehen hatte, saß Agca 19 Jahre Haft in Italien ab. Im Jahr 2000 wurde er vom italienischen Staatspräsidenten begnadigt und in die Türkei abgeschoben. Dort sitzt er seitdem die Reststrafe für den 1979 begangenen Mord an dem türkischen Journalisten Abdi Ipekci ab. Kurz nach seiner damaligen Verurteilung war Agca aus dem Gefängnis geflohen und hatte sich aus der Türkei abgesetzt. Zwei Jahre später gab er auf dem Petersplatz die Schüsse auf Papst Johannes Paul II. ab.

Agcas Anwalt Haci Ali Özhan berichtet nun, sein Mandant habe hinter Gittern dem Terror und der Gewalt abgeschworen. In zehn Jahren Haft in der Türkei sei er kein einziges Mal durch Fehlverhalten aufgefallen. Stattdessen habe Agca in seiner Zelle viel gelesen - und wohl auch selbst an Büchern geschrieben. Der «Sunday Times» in London schrieb Agca kürzlich, er werde nach seiner Entlassung das «perfekte Christentum» verkünden und ein neues «Neues Testament» vorlegen.

Allerdings ging die Arbeit an den Werken nicht so rasch voran wie geplant, erklärte Anwalt Özhan. Im Gefängnis habe Agca keinen Computer und kein Internet nutzen dürfen. Wegen gesundheitlicher Probleme an der rechten Hand seien die Aufzeichnungen sehr mühsam gewesen.

Anwalt Özhan war unterdessen ständig für seinen Mandanten auf Achse.
Im März vergangenen Jahres reiste er nach Rom und sprach nach eigenen Angaben mit Vatikansprecher Federico Lombardi. Er informierte Lombardi über einen Wunsch seines Mandanten: Agca will das Grab von Johannes Paul II. besuchen und außerdem mit Papst Benedikt XVI. sprechen. Diese Bitte habe er auch schriftlich an Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone geschickt, so der Anwalt.
Noch sei nicht bekannt, ob der Vatikan dem Wunsch nachkommen wolle.

Rechtliche Hindernisse für Auslandsreisen Agcas nach der Freilassung gibt es laut Özhan nicht. Einen Reisepass könne sein Mandant innerhalb weniger Tage erhalten. Bei Kontakten mit den Botschaften mehrerer Länder sei ihm zudem versichert worden, dass Agca keine Schwierigkeiten bei der Visa-Erteilung zu erwarten habe.

Wie der Anwalt erläuterte, kann Agca also wahrscheinlich schon bald zu Vertragsverhandlungen mit Filmproduzenten und Verlagsmanagern ins Ausland jetten. Schließlich geht es potenziell um viel Geld, wie die «Sunday Times» berichtete. Das Blatt zitierte Branchenkenner mit den Worten, Agcas Memoiren könnten einen Marktwert von drei Millionen Dollar erreichen. Voraussetzung sei allerdings, dass der Papstattentäter in seinem Buch auch wirklich die Wahrheit über die Schüsse auf dem Petersplatz enthülle. Genau das hat Agca bisher immer vermieden.