Franziskus und Bartholomäus I. beten um Kircheneinheit

In Erinnerung an historische Versöhnungsgeste

Papst Franziskus und der orthodoxe Patriarch Bartholomäus I. haben ein ökumenisches Gebet in der Jerusalemer Grabeskirche gehalten. Sie erinnerten damit an das historische Treffen ihrer Vorgänger vor 50 Jahren.

Franziskus und Bartholomäus (dpa)
Franziskus und Bartholomäus / ( dpa )

Die beiden Kirchenoberhäupter verweilten zu einem kurzen Gebet in der Grabrotunde. Dann traten Papst Franziskus und das orthodoxe Ehrenoberhaupt Bartholomäus I. heraus und segneten die Versammelten. Zudem tauschten sie den Friedensgruß. Die gemeinsamen Gesten der beiden Kirchenführer waren bewegende Höhepunkte der ökumenischen Feier am Sonntagabend in der Grabeskirche von Jerusalem, der bedeutendsten Kirche der Christenheit. Sie erinnerten an das historische erste Treffen von Kirchenführern aus Ost und West vor genau 50 Jahren. Zu diesem feierlichen Gedenken hatte Bartholomäus I. zunächst Papst Benedikt XVI. eingeladen, und dann dessen Nachfolger, der zu diesem Anlass seine Reise ins Heilige Land unternahm.

Bei der einstündigen Feier in der Kirche vom Heiligen Grab zählten Gesten fast mehr als Worte; jeder Schritt, jede Bewegung, jedes Entzünden einer Kerze des Ökumene-Treffens, das schon im Vorfeld das Etikett "historisch" erhielt, war mit Bedacht gewählt. Vor dem Wortgottesdienst kamen Franziskus und Bartholomäus I. in der vatikanischen Delegation auf dem Ölberg zu einem privaten Treffen zusammen, in dem gleichen Raum, in dem ihre Vorgänger Papst Paul VI.

und Patriarch Athenagoras am 5. Januar 1964 nach 900 Jahren Jahren Entfremdung zusammenkamen und den Dialog vereinbart hatten. Unter einem Relief, das an das damalige Treffen erinnert, unterzeichneten sie eine gemeinsame Zehn-Punkte-Erklärung.

Darin würdigen sie Fortschritte im Dialog - der fortgesetzt werden müsse, bis die getrennten Christen wieder gemeinsam Eucharistie feiern könnten. Zudem vereinbarten sie eine weitreichende

Zusammenarbeit: für Menschenwürde, Lebensschutz und Familie, für Religionsfreiheit und für Frieden, Gerechtigkeit, für die Bewahrung der Schöpfung. Gemeinsam wollen sie die Christen in ihrer schwierigen Situation im Nahen Osten stärken.

Auf getrennten Wegen begaben sich die Kirchenführer dann zur Grabeskirche, begleitet vom rhythmischen Geläut der Glocken des auf Kaiser Konstantin zurückgehenden Kirchenbaus. Auf dem Vorplatz trafen sie sich und betraten gemeinsam die Vorhalle. Dort wurden sie von den Vertretern der drei Konfessionen begrüßt, die die Kirche nach einem komplizierten und starren Schlüssel benutzen dürfen, aber auch von den muslimischen Familien, die bis heute die Schlüssel zu dem Gotteshaus verwalten. Vor dem Salbungsstein, wo der Überlieferung nach der Leichnam Jesu für die Beisetzung präpariert wurde, knieten die beiden Kirchenführer nieder, bevor sie sich zum Heiligen Grab begaben.

Es folgte ein Wortgottesdienst mit Hymnen, Gebetsrufen und Lesungen von der Auferstehung Jesu auf Lateinisch und Griechisch. Der Patriarch sprach anschließend auf Englisch, der Papst auf Italienisch. Schließlich beteten beiden Kirchenführer zusammen das Vaterunser in italienischer Sprache - zum ersten Mal öffentlich. Ihre Vorgänger vor 50 Jahren konnten dies noch nicht, zumindest nicht in der Öffentlichkeit.

Das Treffen sei "notwendig", um der Ökumene wieder neuen Schwung zu geben, versicherten Franziskus und Bartholomäus I. In der Tat sind der Enthusiasmus und die Superlative des Treffens von 1964 bald der Ernüchterung und den Grenzen des Expertendialogs gewichen. In der Sache gehen die Ansprachen von Papst und Patriarch und auch ihre gemeinsame Erklärung freilich kaum über Bisheriges hinaus.

Aber der 50. Jahrestag sollte ein Signal für einen neuen energischen Ruck in der Ökumene sein. Franziskus wiederholte dabei ausdrücklich das Angebot von Papst Johannes Paul II. (1978-2005), den Papstprimat zur Diskussion zu stellen: Er lud ein, "für den besonderen Dienst des Bischofs von Rom eine Form der Ausübung zu finden, die sich öffnet und auch heute ein von allen anerkannter Dienst der Liebe und der Gemeinschaft sein kann." Ein weitreichendes Angebot, das jedoch angesichts anderer Prioritäten nie ernsthaft angegangen und unter Papst Benedikt XVI. (2005-2013) auch nicht mehr ausdrücklich wiederholt wurde. Vielleicht geht von dem Kirchengipfel 2014 in Jerusalem ein neuer Schulterschluss für die Ökumene aus.


Quelle:
KNA