domradio.de: Da heute der erste April ist: Das ist kein Aprilscherz, wie haben Sie auf die Nachricht reagiert?
Pfarrer Gregor Giele (Propst der Propsteipfarrei St. Trinitatis): Es ist kein Aprilscherz, aber es ist auch nicht ganz so dramatisch. Der Turm stürzt nicht gleich zusammen, aber er wird über die Zeit und über die Nutzungsdauer einfach Schaden nehmen, wo man immer wieder eingreifen muss.
Man war nicht begeistert, allerdings ist das beruhigende, es gibt auch schon erste Lösungsvorschläge und das ist ja erstmal eine Perspektive.
domradio.de: Und wie könnte eine mögliche Lösung aussehen?
Pfarrer Giele: Wir sind in einer lukrativen Situation, dass wir drei Lösungsvorschläge haben: Zum Einen dass man den Turm statisch ausbaut, so dass er seine Funktion erfüllen kann. Das ist baulich wahrscheinlich sehr anspruchsvoll. Es gibt die Möglichkeit eines sogenannten Gegenpendels, was wohl sogar Verwendung findet bei einer Glocke im Kölner Dom, wenn ich richtig informiert bin. Also eine bewährte Praxis. Oder die dritte Variante, wir nehmen die kleinste Glocke, eine sehr historische aus unserer ersten Kirche, heraus aus dem Glockenturm und stellen sie an einem repräsentativen Platz auf und aus und hängen eine schwerere ruhigere schwingende Glocke als sechste Glocke ins Geläut.
domradio.de: Wir als Kölner sind mit Blick auf die Dauer des Dombaus nicht in der Position, die Leipziger zu kritisieren - wie haben denn die Gemeindemitglieder auf die Nachricht reagiert?
Pfarrer Giele: Als wir die erste Nachricht bekommen haben, ist das so durchgesickert. Glocken sind ein hochemotionaler Themenbereich. Da legen viele sehr viel Aufmerksamkeit und Wert drauf. Von daher war es dringend notwendig, dass wir schnellstmöglich Lösungsvarianten konzipieren. Vielen ist natürlich wichtig, dass die historische Glocke nicht nur zur Schau gestellt wird, sondern ihrem eigenen Zweck auch entsprechen kann und läutet.
domradio.de: Das heißt die Eröffnung in wenigen Wochen ist überhaupt nicht gefährdet?
Pfarrer Giele: Sie ist überhaupt nicht gefährdet. Am 9. Mai werden wir diese Kirche einweihen, weil Orgel und Glocken schon planmäßig später in die Kirche kommen sollten. Eine Orgel braucht über drei Monate eine Staub- und Lärmfreiheit für die Intonation. Deswegen wird das nach der Einweihung erst geschehen. Die Glocken waren für Ende des Jahres geplant, weil wir am jetzigen Standort noch bis zuletzt läuten wollen und erst dann die Bestandsglocken hätten herausnehmen und überarbeiten können. Wir haben also zur Lösung des Problems ausreichend Zeit.
domradio.de: Das ist das letzte Osterfest bevor die neue Kirche bezogen, wird dieses Osterfest noch einmal etwas Besonderes werden?
Pfarrer Giele: Ja, die ganze Fastenzeit haben wir als Gemeinde auch als eine Zeit des Abschiednehmens gestaltet. Auch wenn das Bauwerk marode ist und wir es verlassen müssen - es ist natürlich angereichert mit persönlichen Erinnerungen: an die eigene Hochzeit, an die Taufe von Kindern, auch an Abschied und Trauer, an sehr intensive Gebete. Das gibt man nicht einfach so auf. Und so sind jetzt natürlich die Feste, die man das letzte Mal in dieser Kirche feiert auch besondere Feste. Das merkt von der Atmosphäre sehr stark.
Das Interview führte Mathias Peter.