domradio.de: 500 Jahre Reformation. Ist das für Sie ein Grund zum Feiern?
Alois Glück: Es ist auf jeden Fall eine Zäsur. Ob Feiern oder Gedenken, das ist mehr oder minder ein konstruierter Gegensatz, finde ich. Auf jeden Fall ist es eine Zäsur in der Entwicklung der Christenheit, es ist letztlich auch eine Zäsur geworden in der Entwicklung in Deutschland und darüber hinaus, weil es eine enorme politische und gesellschaftliche Wirkung hatte.
Nach vier Jahrhunderten voller Gegensatz, Abgrenzung, Gegnerschaft ist es jetzt erstmals beim 500.Jubiläum so, dass die beiden Konfessionen sich miteinander damit befassen, gemeinsame Wege suchen, auch bekennen, wo sie jeweils ihre Fehler gemacht haben. 450 Jahre war es anders, das ist für sich schon eine ganz bedeutende Entwicklung.
domradio.de: Am 11. März 2017 soll in Berlin ein Versöhnungsgottesdienst stattfinden. Kann der leisten, was in seinem Namen steckt?
Glück: Natürlich ist es nicht eine Automatik, dass damit alles versöhnt oder aufgearbeitet ist. aber trotzdem ist es ein, beinahe würde ich sagen, ein historischer Vorgang, dass nämlich beide Seiten bekennen, ja, wir haben Fehler gemacht. Wir sind beiderseits dabei auch schuldig geworden und insofern bekennen wir uns das, stehen dazu und wir ziehen entsprechende Schlussfolgerungen. Das wäre vor 30 oder 40 Jahren noch undenkbar gewesen.
domradio.de: Eine der Streitfragen ist ja immer wieder, ob man vom Reformationsjubiläum oder dem Gedenken sprechen sollte. Die Wortwahl mache da viel aus, sagen viele. Wie stehen Sie dazu?
Glück: Ich glaube, das ist mittlerweile überwunden mittlerweile. Das war eine Debatte, die vor einem Jahr da war. Wenn ich mir vor Augen halte, wie beiderseits die Unsicherheit groß war, wie man das Jahr überhaupt gestalten soll. Auf Seiten der evangelischen Kirchen war es ja auch so, die einen waren ganz stark für eine Luther-orientierte Gestaltung, andere waren dagegen, da Reformation auch ein internationaler Vorgang sei.
Diese Unsicherheit und Unklarheit im evangelisch-protestantischen Bereich hat zusätzliche Unsicherheiten in der katholischen Kirche ausgelöst, was ist das überhaupt und geht es wieder mehr auf Profilierung. Da ist in den letzten anderthalb Jahren noch sehr viel Positives geschehen und deswegen ist dieses Wortspiel für mich gegenstandslos geworden.
Natürlich gibt es unterschiedliche Perspektiven. Für die evangelischen Christen ist es gewissermaßen der Beginn der eigenen Entwicklung und der eigenen Identität. Für die Katholiken ist es mehr ein schmerzliches Ereignis in Erinnerung. Aber das ist nicht mehr das, was jetzt die Situation bestimmt.
Das Gespräch führte Verena Tröster.