Für die Bischofssynode über die Familie im Vatikan hat die Kleinarbeit begonnen. Am Mittwoch starteten die Debatten in den 13 nach Sprachen unterteilten Zirkeln. Punkt für Punkt geht es nun darum, das Arbeitspapier der Synode zu diskutieren, das aus den Antworten fast aller Bischofskonferenzen auf einen vatikanischen Fragenkatalog entwickelt wurde und das Abschlusspapier der Synode vom Herbst 2014 umfasst. Dabei steht zunächst der Austausch der teils völlig unterschiedlichen Erfahrungen und Probleme von Ehe und Familie im Mittelpunkt, die die 270 Synodenväter und rund 90 Berater und Beobachter aus allen Teilen der Weltkirche mitbringen: von Krieg, Verfolgung, Armut und Migration bis hin zu hohen Scheidungsraten, Abtreibungszahlen und Bindungsangst.
Pressegespräch mit "Relatoren" der Sprachzirkel
In seiner Gruppe diskutierten nun Synodenteilnehmer aus Afrika, Asien und den USA, wie der Erzbischof von Philadelphia, Charles Chaput, beim Pressebriefing nach der ersten Runde berichtete. Da träfen ganz verschiedene Lebensrealitäten aufeinander, so der US-Amerikaner, der als Berichterstatter ("Relator") eines der vier englischsprachigen Zirkel dessen Ergebnisse zusammenfassen und vor dem Plenum vortragen wird. Afrikaner bemängelten etwa, das Arbeitspapier spiegele zu sehr die Probleme der Kirche in den westlichen Ländern wider, die sie selbst wenig berührten. Schon die Vorgängersynode im Oktober 2014 wurde stark von solchen soziokulturellen Unterschieden geprägt.
Für den Erzbischof von Lille, Laurent Ulrich, hat die Synode auch gar nicht die Aufgabe, in allen Erfordernissen der Kirche mit Blick auf die Familie übereinzustimmen. Entscheidend sei, die unterschiedlichen Sichtweisen und Realitäten des kirchlichen Familienbildes zu "harmonisieren", so der Berichterstatter einer der drei französischen Sprachgruppen. Er forderte zu einer "ermutigenden Sprache" auf, die den Stellenwert von Ehe und Familie weltweit fördert.
Chaput gab indes zu bedenken, eine solche Sprache, "die in Afrika und Asien zur Klärung katholischer Prinzipien beiträgt und gewünscht wird", könne in Europa und Nordamerika durchaus als offensiv empfunden werden. "Es kommt darauf an, vor wem wir sprechen." Wie auch auf einen Geist, der Vielfalt und Einheit unter dem Dach der katholischen Kirche bewahren soll.
Deutschprachige Gruppe heterogen
Neben den englisch- und französischsprachigen Zirkeln debattieren in Rom nun drei italienische, zwei spanische und eine deutsche Sprachgruppe die Inhalte des Arbeitspapiers. Geleitet werden die Debatten jeweils von einem gewählten Moderator. Die am Mittwoch veröffentlichten Wahlergebnisse zeigen ein gemischtes Bild aus konservativen und reformorientierten Kirchenführern. Konservative wie die Kurienkardinäle Robert Sarah und George Pell oder der Genueser Kardinal Angelo Bagnasco sind ebenso darunter wie eher progressive wie die Kardinäle Vincent Gerard Nichols (London), Oscar Rodriguez Maradiaga (Tegucigalpa) oder Christoph Schönborn (Wien).
Der Österreicher moderiert das Gespräch der hochkarätigen deutschen Sprachgruppe. Besonders ihre Ergebnisse in der kontroversen Frage des Kommunionempfangs für wiederverheiratete Geschiedene werden mit Spannung verfolgt. Reformbefürworter, allen voran Kardinal Walter Kasper, treffen in der Debatte auf Ablehner wie den Präfekt der Glaubenskongregation, Kardinal Gerhard Ludwig Müller. Er ist gleichzeitig Gastgeber der Runde, die im Renaissancebau seiner Behörde neben dem Petersplatz tagt. Ob sich daraus ein "Heimvorteil" ergibt, ist ungewiss. Laut Arbeitspapier steht das Thema erst in der letzten Synodenwoche an.
Noch ist in Rom von leidenschaftlichen Flügelkämpfen wie bei der Vorgängersynode wenig zu spüren. Gleichzeitig sickerte durch, dass Papst Franziskus in seiner überraschenden Kurzrede am Dienstag die Synoden vor einer "konspirativen Hermeneutik" warnte - zu deutsch: der Beförderung von Verschwörungstheorien. Erzbischof Chaput dazu: "Es gibt immer Gruppenbildungen bei Synoden. Das sollten die Medien nicht skandalisieren. Die Leute haben Liebe zur Kirche im Herz."