Eine Reise in die Krippen-Welt

Das Christkind ist da

Die ganze Adventszeit über war die Krippe leer. Jetzt ist es wieder soweit, seit der Weihnachtsnacht liegt das Christkind in der Krippe. Theresa Meier hat sich umgeschaut, wie die Christkinder in Stadt & Land so in den Krippen liegen.

Krippendarstellung in Ruinen des Nachkriegs-Köln  / © Melanie Trimborn (DR)
Krippendarstellung in Ruinen des Nachkriegs-Köln / © Melanie Trimborn ( DR )

Das Wasser plätschert. Die Mühle dreht sich. Daneben steht das Bauernhaus zwischen Mosen und Tannengrün im Fachwerkstil - mitten drin Maria und Josef mit dem Jesuskind. Im hinteren Teil des Soester Patroklidom steht sie: Die westfälische Krippe mit Bauerhaus. "Dieses Bauernhaus wird zum Stall, zur Krippe, wo der Erlöser geboren wird", erzählt Propst Josef Heers. Das Christkind liegt in einer geschnitzten Holzkrippe. Mit roten Lippen und hellblauen Augen schaut es erwartungsvoll und zufrieden in die Welt. Eingewickelt in ein weißes Gewand wird es von einer blau-weiß karierten Decke warm gehalten. Das Jesuskind ist so gewickelt, dass seine Arme und Hände eng am Körper liegen. Diese Wickelform geht auf die älteste Darstellung, des 3. und 4. Jahrhunderts zurück und weist schon auf den Leichnam und das Grabtuch Jesu hin. Maria und Josef stehen in der Soester Krippendarstellung beschützend hinter ihm. Hier ist Jesus also nicht der Beschützer, sondern das hilflose Kind, das Schutz benötigt. Es ist diese wohlwollende und warme Atmosphäre, die bleibt.

Friedenskrippe zwischen Ruinen und der Hoffnung

Die Reise geht weiter - nach Köln, in die Stadt, in der allein auf dem Krippenweg mehr als hundert Krippen zu bewundern sind. Am Hauptbahnhof in Köln angekommen, steht sie inmitten der gehetzten und rennenden Menschen - die Weihnachtsdarstellung geschützt hinter Glas. Zwischen einem Supermarkt und einem Fastfood-Restaurant wird jedes Jahr die sogenannte Friedenskrippe aufgebaut. Im Trubel der Reisenden stellt sie die Geburt Jesu Christi im zerstörten Nachkriegsköln von 1946 dar. Zwischen den engen Gassen, den zerstörten Häusern und der Ruine von Groß St. Martin steht die Josef-Figur neben Maria, die in ihren Armen das Christuskind hält. In einfacher Kleidung sitzt Maria auf einem alten Teppich - ihr Kind auf ihrem Schoß. Das Christkind hat eine gestrickte Mütze auf dem Kopf und ist in ein weiß-graues Tuch gewickelt. Das Jesuskind wirkt mit seinen roten Pustebäcken robust und abgehärtet, aber gleichzeitig blickt es verängstigt.

"Es berührt mich emotional"

Wie sehen das denn die anderen Leute? Einige der Reisenden finden es zu neuzeitlich, andere stellen sich das Christkind einfach anders vor. Ein anderer Tourist erkennt Pinocchio in der Figur. Diese Krippendarstellung soll zum Innehalten anregen, lässt den flüchtigen Passanten aufmerksam werden. Auch Dr. Birgit Anderegg ist eine Durchreisende. Eine Stunde Aufenthalt hat sie am Kölner Bahnhof und hat nicht damit gerechnet auf so eine Installation zu treffen. "Es berührt mich emotional und ist eine tolle Collage im Nachkriegs-Köln und dem in uns verwurzelten christlichen Glaube mit moralischen Wertevorstellungen, die dahinter hängen". Ihr sind die wenigen emotionale Gesichtszüge des Christuskindes aufgefallen. "Vielleicht hilft uns das unsere Gefühle hinein zu interpretieren", sagt sie. Diese Freiräume bewirken, dass man viel intensiver und persönlicher die Weihnachtsgeschichte erleben kann.

Nicht jedes Christkind ist im Übrigen als Kind dargestellt. Das hat auch einen bestimmten religiösen Hintergrund. "Historisch geht es natürlich darum, dass ein Kind auf die Welt gekommen ist. Aber das Kind ist als Erlöser auf die Welt gekommen und das wird in der Kunst als erwachsener Christus dargestellt, oder das Christkind liegt bereits auf dem Holz des Kreuzes statt auf der Krippe", weiß der Theologe Jan Hendrik Stens.

Stadtkrippe aus Bronze

Weiter geht es zur letzten Station. Neben dem Dom auf dem Weihnachtsmarkt steht nämlich die Kölner Stadtkrippe. Alle Figuren sind aus Bronze gegossen. Hier liegt das Christkind nicht mehr in der Krippe. Es sitzt aufrecht auf dem Schoß seiner Mutter und breitet seine Arme aus. Es vermittelt den Eindruck, dass es sich seiner kommenden Aufgabe bewusst ist. Von dem niedlichen Kind in der Krippe, wie in Soest, ist hier nichts mehr zu sehen. Ebenso vom pausbäckigen Baby ist in dieser Darstellung nichts mehr übrig. Die Krippe folgt der Idee des 14. Jahrhunderts. Zwar nicht in ursprünglicher Form, dass das Jesuskind nackt und mit ausgestreckten Armen auf dem Boden liegt und damit schon das Kreuz symbolisiert, an das es genagelt wird, sondern in der Kölner Stadtkrippe finden wir eine weiterentwickelte Form von dieser mittelalterlichen Weihnachtsdarstellung. Maria dient hier als Thron für Jesus, der sitzend auf ihrem Schoß die drei Heiligen Könige in Empfang nimmt.

 

Quelle:
DR