Der Flüchtlingsbeauftragte der EU-Bischofskommission COMECE, Bischof Ägidius Zsifkovics, bewertet das Vorhaben der EU-Kommission zur europaweiten Neuausrichtung der Asylpolitik positiv. Eine Reform, mit der die einseitige Hauptlast von einzelnen Ländern an den EU-Außengrenzen genommen und in verkraftbare Verteilungen auf die Gemeinschaft der Staaten umgewandelt wird, wäre ein logischer und wichtiger Schritt in Richtung einer echten Werte- und Solidargemeinschaft, sagte der Eisenstädter Bischof der österreichischen Presseagentur "Kathpress".
Änderungen der Dublin-Regeln vorgesehen
Die EU-Kommission regt unter anderem Änderungen der sogenannten Dublin-Regeln an. Diese legen fest, dass das Land für Asylverfahren zuständig ist, in dem Migranten zum ersten Mal den Boden der EU betreten haben.
Italien und zuletzt Griechenland sind damit für den Großteil der Bootsflüchtlinge zuständig, die Europa erreichen. Die EU-Kommission will deshalb Flüchtlinge stärker umverteilen und mehr Kompetenzen auf die europäische Ebene verlagern. Konkrete Gesetzesvorschläge will sie aber erst später machen - wie diese aussehen, will sie von der Rückmeldung auf das nun vorgestellte Papier abhängig machen.
Die EU-Kommission legte zunächst zwei Reformmöglichkeiten vor. Option 1 sieht eine weitgehende Beibehaltung der Dublin-Regeln vor. Bei einem starken Andrang von Flüchtlingen soll ein "Fairness-Mechanismus" zur Umverteilung greifen. Als zweite Möglichkeit schlägt die EU-Kommission vor, dass Asylbewerber nach einem Schlüssel dauerhaft auf die EU-Staaten verteilt werden.
Europa der zwei Geschwindigkeiten
Ob sich die Politik auf einen gerechten Verteilungsschlüssel oder auf einen sogenannten Fairness-Mechanismus einigt, sei ein Thema der Experten, sagte Bischof Zsifkovics zu den Plänen. Jedenfalls würde aber ein koordinierter europaweit geltender Entscheidungsmechanismus auch einem definitiv vorhandenen "Europa der zwei Geschwindigkeiten" Rechnung tragen, betonte der Bischof.
Das Wirtschafts- und Leistungsgefälle zwischen den EU-Staaten würde so anerkannt und abgefedert werden, erwartet Zsifkovics. Dies würde in der Folge einerseits viel Sprengstoff und Angst aus der Diskussion um die Aufnahmegrenzen und Aufnahmewilligkeit einzelner EU-Staaten nehmen. Andererseits würde klargestellt, "welche der bisherigen Aufnahmeländer bereits freiwillig ihre Quoten erfüllt oder gar übererfüllt haben", so der EU-Flüchtlingsbischof.
Ein gemeinsamer kontinentaler Rechtsraum, der besondere Herausforderungen einzelner Staaten aufgrund deren geografischer Lage negiert und zum persönlichen Risiko dieser Staaten erklärt, führe sich langfristig selbst ad absurdum, so Zsifkovics: "Solidargemeinschaft bedeutet ja, ungleiche Gefährdungslagen bestmöglich auszugleichen. Wenn Europa das nicht schafft, sind nationale Alleingänge unvermeidlich - und das brauchen wir nicht!
Pro Asyl für Verzicht auf Überstellungen in verschiedene Länder
Pro Asyl-Geschäftsführer Burkhardt sprach sich für einen Verzicht auf Dublin-Überstellungen nach Ungarn, Slowenien, Kroatien und Griechenland aus. Zudem solle es eine Altfallregelung für länger als ein Jahr anhängige Asylverfahren ohne behördliche Entscheidung geben. Auch Wohnsitzauflagen sollten nicht eingeführt werden.