domradio: Warum sind Sie so unermüdlich dabei, gegen diesen verkaufsoffenen Sonntag ins Feld zu ziehen?
Hannelore Bartscherer (Vorsitzende des Kölner Katholikenausschusses): Also ich denke, zunächst einmal sollten wir als Christinnen und Christen darauf drängen, dass es einen Tag der Ruhe in der Woche gibt. "Tag der Ruhe" kann natürlich sehr unterschiedlich definiert werden. Es muss – und ich sag es jetzt mal so, wie wir heute vielleicht mit unseren Freunden drüber reden – einen verlässlichen, vernünftigen Tag geben, der planbar für alle ist, der frei ist von Konsum, der frei ist von Zwängen, der auch frei ist, Geld verdienen zu müssen und der vor allen Dingen so überflüssig ist, wie ein Kropf.
domradio: Jetzt möchten viele Familien am Sonntag aber auch mal shoppen gehen. Ist das eigentlich ein Zeichen dafür, dass denen außer Konsum nichts anderes mehr einfällt?
Bartscherer: Ich glaube, dass es mehrere Gründe gibt. Ich weiß nicht, ob mir außer Konsum nichts mehr einfällt. Aber wir leben in einer Zeit, in der uns die Wirtschaft einfach vorgaukelt, dass das schönste und erstrebenswerteste Freizeitvergnügen ist, shoppen zu gehen. Erstens ist das mit hohem Stress beladen, vor allem bei Familien mit Kindern, weil Kinder sehr schnell etwas langweilig finden. Ich will keine Eltern maßregeln, aber Sie wissen das ja alles selbst. Also, ich glaube, dass es genauso schön sein kann, wenn wir uns miteinander – und jetzt grade im Frühling, ich guck grad aus dem Fenster und sehe eine wunderbare Natur – einfach mal nach draußen begeben und das auf uns wirken lassen. Was haben wir denn für eine schöne Umgebung? Was haben wir für schöne Gärten? Was haben wir auch für eine schöne Stadt? Und diese Stadt genießen mit Ruhe, mit Zeit, ohne Zwänge und mit anderen Menschen, die mit uns einer Meinung sind, die unterwegs sind. Das ist meines Erachtens ein viel viel schöneres Sonntagsvergnügen, als shoppen zu gehen. Und das können sich alle leisten.
domradio: Es gibt ja auch schon Verbote. In Hessen wurde jetzt so ein Verbot ausgesprochen. Warum tut sich denn Köln so schwer?
Bartscherer: Also Köln – so nehme ich das zumindest wahr – ist auf einem guten Wege. Sonntägliche Ladenöffnungszeiten sind weniger genehmigt worden als bisher, vor allen Dingen weil das, was der Gesetzgeber nämlich vorschreibt, jetzt sehr viel kritischer und anlassbezogen betrachtet wird. Denn auch das gehört ja zur Wahrheit: Also da gibt es ein Bundesgericht, das gesagt hat: Der Gesetzgeber sagt, dass der Schutz des Sonntags ein ganz ganz hohes Gut sei und es reiche nicht, wenn unsere Einzelhändler meinen: "Wir möchten gerne verkaufen", das sei kein Argument. Und auch wenn die Konsumenten sagen: "Wir möchten gerne kaufen", auch das sei kein Argument. Es muss also immer einen Anlass geben. Darum streiten sich schon mal die Geister: Ist es der Anlass wert, genehmigt zu werden? Und ich sag mal, wir hatten da schon konstruierte Anlässe, die hatten mit Tradition nichts zu tun, die hatten mit bestimmten Angeboten, die für die Menschen und für das soziale Miteinander einen Mehrwert haben, nichts zu tun. Da gibt es auf der grünen Wiese, wo große Baumärkte sind, ein Kürbisfest. So etwas wird jetzt nicht mehr genehmigt. Aber da geht zum Beispiel ein Lifestyle-Tag als Anlass durch. Das finde ich jetzt schon wirklich ein bisschen lächerlich. Unser Rat hat das an der Stelle für die zweite Jahreshälfte auf den Prüfstand gestellt. Und ich hoffe, dass unser Rat, so wie jetzt die ersten Schritte eingeleitet sind, weniger sonntägliche Ladenöffnungen genehmigt. Fernziel: überhaupt keine mehr.
Das Interview führte Heike Sicconi