domradio.de: Die Analysen haben gezeigt, dass das Münster beträchtliche Bauschäden aufweist. Woran krankt es am meisten?
Monsignore Wilfried Schumacher (Bonner Stadtdechant): Es krankt überall - sozusagen vom Keller bis zum Dach. Wenn sie mich fragen würden, was denn nicht krankt, dann wäre das vielleicht einfacher. Wir haben jetzt zweieinhalb Jahre dieses Bauwerk untersucht und haben festgestellt, dass die größten Probleme in der Außenhaut, in der Fassade liegen. Zudem gibt es große Probleme in der Statik. Wir müssen auch die gesamte Elektrik erneuern. Wir werden etwas an der Heizung tun müssen und die Überarbeitung der Beleuchtung gehört ebenso mit dazu.
domradio.de: Wenn wir im Bild des äußerst angeschlagenen Patienten bleiben wollen, dann muss jetzt dringend eine Therapie her - sprich: umfassende Restaurierungsarbeiten. Und die Zeit drängt, oder?
Schumacher: Ja. Wir haben jetzt eine erste Kostenschätzung. Wir haben alle Schäden gründlich analysiert. Ich bin den Fachleuten sehr dankbar, dass sie sich dafür so viel Zeit genommen haben und so gründlich nachgeschaut haben. Der nächste Schritt wird jetzt die Detailplanung sein und wir hoffen, dass wir im nächsten Jahr, im Sommer 2017, mit den Arbeiten beginnen können. Aber so viel Zeit brauchen wir noch, um die Umsetzung vorzubereiten.
domradio.de: Dass so etwas nicht billig ist, liegt auf der Hand. Mit Kosten in welcher Höhe rechnen Sie denn?
Schumacher: Die erste Kostenschätzung beläuft sich auf 20,2 Millionen Euro, wobei man sagt, dass Kostenschätzungen bis zu 30 Prozent nach oben und unten differieren können. Das hängt dann von den Feinplanungen und Feinabstimmungen ab. Wir haben aber schon einmal eine Zahl, mit der wir uns auseinandersetzen müssen.
domradio.de: Interessant ist, dass Sie bei den Untersuchungen die Bedürfnisse der Gemeinde, der Gottesdienstbesucher ganz aktiv einbezogen haben. Es gab zum Beispiel eine Befragung. Was ist dabei herausgekommen?
Schumacher: Ja, das haben wir ganz am Anfang gemacht. Wir haben die Gemeinde eingeladen und sie gebeten, uns zu sagen, was für sie wichtig wäre. Dabei kamen Dinge zum Vorschein, die natürlich etwas mit der direkten Benutzung zu tun haben. Die Leute haben gesagt, sie bräuchten besseres Licht - damit haben sie recht. Momentan kommt an den Kirchenbänken eine Lichtleistung von 30 Lux an, aber man bräuchte 100 Lux, um lesen zu können. Ein weiterer Punkt ist, dass die Menschen im Münster besser hören wollen. Das betrifft nicht nur die Akustik-Anlage, sondern das betrifft auch notwendige Induktionsschleifen. Das waren zwei ganz große Punkte. Die Leute haben aber auch gesagt, dass sie bereit wären, in einen geistlichen Prozess einzusteigen. Das haben wir dann im Frühjahr des letzten Jahres begonnen, und es hat über den ganzen Sommer gedauert. Es haben 60 Personen teilgenommen, die sich einfach die Frage gestellt haben, was sein muss, damit das Münster zukunftsfähig ist und eine Kirche nicht nur für uns bleibt, sondern auch für unsere Kinder und erst recht für unsere Eltern.
domradio.de: Die Sanierung wird etwa zweieinhalb Jahre dauern, solange wird das Münster geschlossen. Wohin wird die Gemeinde dann umziehen?
Schumacher: Wir werden nach St. Remigius umziehen. Das ist sozusagen unsere Filialkirche, 200 Meter entfernt. Das ist die Kirche der Hochschulgemeinde. Wir werden voraussichtlich im Sommer einen Arbeitskreis bilden, der gemeinsam mit der Hochschulgemeinde überlegt, wie wir zusammen diesen Kirchenraum hier in der Bonner City nutzen können. Das Münster-Carré mit den üblichen Versammlungsräumen bleibt ja bestehen. Das bedeutet, wir werden weiter in der Mitte der Stadt präsent bleiben und wir werden alles tun, damit die Bauarbeiten zügig vonstatten gehen. Zweieinhalb Jahre ist eine lange Zeit, aber was sein muss, das muss sein. Anders geht es nicht.
Das Interview führte Silvia Ochlast.