Unter Xi Jinping wurde die Religionsfreiheit in China weiter eingeschränkt

Das unsichtbare Christentum

13 Millionen Katholiken leben in China - sie sind eine Minderheit. Unter Präsident Xi Jinping sind die staatlichen Kontrollen stärker geworden, erzählt Katharina Wenzel-Teuber vom China Zentrum Sankt Augustin. Ein domradio.de-Interview.

Chinesische Christen beim Gottesdienst / © epa Michael Reynolds (dpa)
Chinesische Christen beim Gottesdienst / © epa Michael Reynolds ( dpa )

domradio.de: Die Katholiken sind in China eine große Minderheit: 13 Millionen von 1,3 Milliarden Chinesen insgesamt bekennen sich zum Katholizismus. Es gibt eine offizielle Kirche und eine Untergrund-Kirche. Bitte erklären Sie uns den Unterschied.

Katharina Wenzel-Teuber (China Zentrum Sankt Augustin): Der Staat fordert von den Religionen zum einen von allen Gemeinden, dass sie sich registrieren. Sie müssen dabei nachweisen, dass sie patriotisch und autonom sind - also unabhängig vom Ausland. Da kann man sich schon vorstellen, dass das für eine Weltkirche wie die katholische schwierig ist. Deswegen ist ein Teil der Katholiken im Untergrund. Aber tatsächlich spricht auch der Papst immer nur von einer Kirche. Ich denke, fast alle Katholiken sind papsttreu. Von den 99 Bischöfen, die derzeit in China im Amt sind, sind 80 vom Papst anerkannt. Aber natürlich ist diese Spaltung in zwei Gruppen ein großes Problem in China.

domradio.de: Menschenrechtler in China beklagen eine Verschlechterung der Lage unter dem amtierenden Staatspräsidenten Xi Jinping. Wie sieht es in Sachen Religionsfreiheit aus? Geht es den Christen und den anderen Minderheiten jetzt besser oder schlechter?

Wenzel-Teuber: Besser kann man wohl nicht sagen. Die Religionspolitik hat sich vom Grundprinzip nicht verändert. Die Formel "Religion ja, aber unter strenger staatlicher Kontrolle" ist so geblieben, aber man hat den Eindruck, vieles wird jetzt konsequenter und straffer durchgeführt. Ein neues Schlagwort sind aktuell: 'Die Religionen sollen sich sinnisieren'. Das trifft vor allem das Christentum und den Islam. Das heißt, dass sich die Religionen an die chinesische Gesellschaft und Kultur anpassen sollen, unter anderem natürlich an die kommunistische Partei. Ausländische Einflussnahme soll außerdem abgewehrt werden. Da gab es auch merkwürdige Phänomene, seit Präsident Xi Jinping im Amt ist. Zum Beispiel wurden in einer Provinz seit Anfang 2014 über 2000 Kreuze von Kirchendächern abgerissen. Durch die Aktion sollte offensichtlich die Sichtbarkeit des Christentums eingeschränkt werden. Und außerdem war es eine Einschüchterungsaktion.

domradio.de: Im vergangenen Jahr wurden dennoch 4,5 Millionen Bibeln in China verteilt. Wie steht das Volk zum Christentum?

Wenzel-Teuber: Das ist sicherlich sehr unterschiedlich. Es gibt durchaus ein Interesse, auch bei Nichtchristen und bei jungen Leuten - aber nicht nur am Christentum, sondern auch an anderen Religionen. Und die Bibel wird in China gedruckt, dort ist die weltgrößte Bibel-Druckerei. Die druckt auch für den Export nach Afrika. Allerdings sind Bibeln in China nicht im normalen Buchladen erhältlich, sondern nur in den kircheneigenen Geschäften.

domradio.de: Zu den Menschenrechten zählt auch die Religionsfreiheit. Wenn westliche Politiker nach China kommen und sich für Menschenrechte einsetzen, hat das dann in China einen Effekt oder verhallt das?

Wenzel-Teuber: Ich denke, langfristig hat es schon einen Effekt. Angela Merkel hat schon zwei Mal katholische Bischöfe besucht und der Bundespräsident hat, als er vor Ostern in China war, auch einen Bischof besucht. Das wird von den Christen vor Ort natürlich auch als eine Ermutigung aufgefasst.

Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.


Quelle:
DR