Von Religionsfreiheit ist Myanmar noch weit entfernt

Zurückhaltende Friedensnobelpreisträgerin

Neben dem Buddhismus ist in Myanmar wenig Platz für andere Religionen. Besonders Muslime werden unterdrückt. Daran hat die Regierung von Friedensnobelpreisträgerin Suu Kyi nichts geändert. Ein Thema für den Besuch von Entwicklungsminister Müller.

Autor/in:
Verena Hölzl
Aung San Suu Kyi / © Hein Htet (dpa)
Aung San Suu Kyi / © Hein Htet ( dpa )

Buddhistische Mönche demonstrieren gegen die muslimische Minderheit und verscheuchen muslimische Straßenhändler. Auf dem Gelände christlicher Kirchen werden ohne Erlaubnis buddhistische Pagoden errichtet. Und Hunderttausende Muslime werden in Camps gesperrt: Es steht schlecht um die Religionsfreiheit in Myanmar. Daran hat auch die seit April amtierende Regierung von Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi bisher nichts geändert.

Besuch von Bundesentwicklungsminister Gerd Müller

Das Thema Menschenrechte wird sicher auch zur Sprache kommen, wenn Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) das südostasiatische Land vom 15. bis 17. Juni besucht. Die Kommission für Religionsfreiheit der US-Regierung veröffentlichte jüngst ein Ranking, in dem Myanmar gemeinsam mit China und Nordkorea auf den letzten Plätzen landete. Seit 1999 steht das Land, in dem rund 90 Prozent Buddhisten sind, im US-Außenministerium auf einer Liste der Länder, die wegen Verstößen gegen die Glaubensfreiheit beobachtet werden.

In dem US-Bericht sind Militärschläge gegen die christliche Minderheit der Kachin im Norden des Landes aufgeführt, aber vor allem die Unterdrückung der muslimischen Rohingya. Die UN bezeichnen diese Minderheit als eine der am meisten verfolgten Volksgruppen der Welt. Die Menschenrechtsorganisation Fortify Rights spricht bereits von Anzeichen auf Völkermord.

Unterdrückte Rohingya

Hunderttausende Rohingya leben im Westen des Landes unter elenden Bedingungen in abgeriegelten Camps mit mangelhafter medizinischer Versorgung und ohne Chance auf Bildung. Man wirft ihnen vor, illegal aus dem benachbarten Bangladesch eingewandert zu sein und verweigert ihnen die Staatsbürgerschaft und damit jegliche Bürgerrechte. Der im Mai veröffentlichte US-Bericht mahnt, dass die Situation sich nicht gebessert, sondern weiter verschlechtert habe.

"Es ist nicht akzeptabel, dass man uns jetzt, wo Myanmar endlich auf eine bessere Zukunft blickt, im Stich lässt", sagt Wai Wai Nu. Die junge Frau ist Rohingya. Sie besitzt deshalb nur einen provisorischen Ausweis, auf ihr Abschlussdiplom wartet sie seit Monaten.

Ihr Einsatz für die Rechte der Minderheit brachte Wai Wai Nu schon bis ins Weiße Haus, als sie von Präsident Barack Obama zum traditionellen Fastenbrechen eingeladen wurde. Vor ein paar Monaten startete die 28-Jährige eine Selfie-Kampagne für Toleranz. Im ganzen Land sollten sich Freunde unterschiedlicher Glaubensrichtungen gemeinsam fotografieren und das Bild in den sozialen Medien teilen.

Anders in der Regierungspartei: Aus Angst vor der Reaktion nationalistischer Buddhisten hatte Suu Kyis Partei Nationale Liga für Demokratie zu den Wahlen im November keinen einzigen muslimischen Kandidaten aufgestellt, obwohl Schätzungen zufolge zwischen fünf und zehn Prozent der 54 Millionen Einwohner sich zum Islam bekennen.

Kurz vor den Wahlen verabschiedete das Parlament außerdem ein umstrittenes Gesetzespaket zum "Schutz von Rasse und Religion", das von Menschenrechts-Experten als klarer Angriff auf die Minderheiten im Land gewertet wird. So sind neuerdings etwa Eheschließungen zwischen Partnern unterschiedlicher Religionen schwierig.

Aung San Suu Kyi hält sich zurück

Die Popularität von Partei-Chefin Aung San Suu Kyi bescherte der Liga bei den ersten freien Wahlen nach einem halben Jahrhundert Militärdiktatur im Herbst eine üppige Mehrheit. Freiheitsikone Suu Kyi ist in Myanmar Außenministerin und hat weitere wichtige Regierungsfunktionen. Sie ist in dem Maße beliebt, wie die Rohingya in weiten Teilen der Bevölkerung unbeliebt sind.

Bisher hat die Friedensnobelpreisträgerin ihren Einfluss jedoch noch nicht dafür genutzt, um sich für die Rechte religiöser Minderheiten einzusetzen. Stattdessen bat Suu Kyi den neuen US-Botschafter Scot Marciel jüngst, den umstrittenen Begriff "Rohingya" nicht zu verwenden. Gegner der Minderheit halten den Ausdruck für ein Instrument, mit dem sich die Rohingya zu Opfern stilisieren und sprechen stattdessen lieber von "Bengalis". Auf Kritik aus dem Ausland erbat Suu Kyi sich Raum, um die Angelegenheit innenpolitisch zu ordnen. Dass sich bald etwas ändert, will aber niemand so richtig glauben.

Neben den Muslimen haben es in Myanmar auch die Christen schwer, die rund fünf Prozent der Bevölkerung ausmachen. In dem vom Bürgerkrieg gebeutelten Teilstaat Kachin werden regelmäßig Kirchen zerstört, im Staat Karen baut ein Mönch eigenmächtig buddhistische Pagoden auf dem Gelände von Kirchen und Moscheen.

Als Myanmars Kardinal Charles Maung Bo jüngst vor dem britischen Parlament sprach, betonte er, die ethnische und religiöse Vielfalt in Myanmar müsse endlich respektiert werden. Denn Religionsfreiheit sei nun einmal das erste Menschenrecht überhaupt.


Quelle:
epd