domradio.de: Warum setzen Sie denn dieses Zeichen vor allem heute? Welches Signal wollen Sie denn damit auch aussenden?
Probst Michael Ludwig (katholische Probstei-Kirche St. Peter und Paul, Bochum): Wir stellen fest, wie zunehmend mehr rassistische Gewalt in verschiedenen Städten um sich greift, auch in Auseinandersetzungen mit den Asylanten. Wir in Bochum haben eine große Tradition, kirchlicherseits auch, dass wir gegen rechte Gruppierungen vorgehen. Wir hatten schon einmal eine große Kampagnie "Wir sind Bochum, Nazis sind wir nicht!", die war relativ erfolgreich, weil es Versuche gab, hier einen Nazi-Aufruf zu machen. Deshalb glaube ich, dass wir auch wieder ein Zeichen setzen sollen. Hier an dieser Stelle.
domradio.de: Die christlichen Kirchen haben sich ja diesem Aktionsbündnis angeschlossen und morgen am Sonntag ist diese Menschenkette dann auch für Hamburg, Berlin, Leipzig und München geplant. Warum ist es denn vor allem für die Kirchen wichtig, da ganz klar Stellung zu beziehen?
Ludwig: Wir in Bochum hatten immer schon gute ökumenische Engagements für verschiedenste benachteiligte Leute. Wir haben selber natürlich auch die historische Erfahrung mit der Judenverfolgung. Bei uns ist mitten in der Stadt eine Synagoge verbrannt worden. Wir sind ganz stolz, dass wir beim Wiederaufbau der neuen Synagoge haben helfen können.
Wir haben mittlerweile auch gute Kontakte zu den Muslimen und meinen in einem guten Miteinander, gerade auch im Kohlenpott und Meltingpoint hier im Ruhrgebiet können wir ein Zeichen setzen, dass Menschen zusammen leben können.
domradio.de: Wie stellt sich das Zusammenleben denn auch in Ihrer Erfahrungswelt dar? Besonders im Hinblick auf den NSU, zum Beispiel, ist ja auch die Region wieder als Problemregion in die Medien geraten.
Ludwig: In Dortmund hat sich die rechte Szene massiv ausgebreitet. Das war vorher für Bochum geplant; da haben wir rechtzeitig, auch politisch mit vielen Leuten Gegenveranstaltungen geplant und wir glauben, das hat geholfen, dass das bei uns nicht so ist. Aber wir wollen ja nicht nur sagen "Jetzt sind die nicht mehr bei uns, wir lassen das jetzt in anderen Städten", sondern wir machen das dann trotzdem hier um auch das positive Zeichen zu setzen für weitere konstruktive Zusammenarbeit.
Wir haben eine sehr engagierte und kooperative Flüchtlingsarbeit. Wir haben in unseren Gemeindezentren katholische und evangelische Sprachcafés, wir haben Kleiderkammern, wir haben verschiedene große Zeltstädte, die wir auch gemeinsam betreuen und dazu gehört dann auch, dass wir mit anderen Menschen guten Willen zeigen und auch öffentlich sagen: "Wir sind gegen solche Sachen".
domradio.de: Es wird ja warscheinlich nicht bei dieser Menschenkette heute bleiben. Haben Sie auch noch einen geistlichen Impuls geplant?
Ludwig:Aufgrund der Länge der Menschenkette wird es da keinen Impuls geben. Wir haben überlegt, Glocken läuten zu lassen. Wir haben für die Innenstadt und für alle Gemeinden darum gebeten, fünf Minuten lang die Glocken läuten zu lassen. Ich glaube auch, dass sich viele daran beteiligen werden, weil Glocken sicherlich auch ein Bekentniszeichen sind, dass die Menschen merken, die Kirchen stehen nicht einfach nur so dabei und läuten, sondern wir haben eine Uhrzeit gewählt, wo sonst kein Glockenläuten ist, so dass es auch von den anderen wahrgenommen wird.
Unsere Kirchen in der Innenstadt sind auch sowieso offen, so dass ich denke, da werden auch viele Leute anschliessend kommen, um eine Kerze zu entzünden und noch ein stilles Gebet zu machen.