Bei der ökumenischen Feier im Liebfrauendom sprach sich der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, für vorbeugende Maßnahmen gegen solche Verbrechen aus. Es müssten "Frühwarnsysteme" geschaffen werden, um medizinische und soziale Anzeichen für mögliche Gewalttaten rechtzeitig zu erkennen.
Der Münchner Kardinal Reinhard Marx sprach den Angehörigen der Opfer zu Beginn des Gottesdienstes seine Anteilnahme aus. Die Tat werde ein "Markstein" in der Geschichte der Stadt bleiben, so der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz. Marx dankte Polizisten, Rettungskräften und Seelsorgern für ihre Arbeit und erinnerte auch an jene, die sich in den Stunden nach der Tat solidarisch gezeigt hatten. Der Erzbischof rief zu einem "konstruktiven Widerstand gegen das Böse" auf. "Eine neue Wachsamkeit ist erforderlich." Diese müsse zu einer neuen Aufmerksamkeit füreinander werden.
Amoklauf in München
Bei dem Amoklauf waren am 22. Juli neun Menschen erschossen worden. Vier weitere Menschen erlitten Verletzungen. Der Attentäter, ein 18-jähriger Deutsch-Iraner, tötete sich anschließend selbst. Aus Furcht vor weiteren Angriffen brach in der Stadt zeitweise Panik aus. Dabei wurden mindestens 31 Menschen verletzt. Bei der Polizei gingen binnen weniger Stunden 4.300 Notrufe ein. Zahllose Menschen öffneten ihre Wohnungen für andere, die sich auf den Straßen nicht sicher fühlten. Das Verbrechen löste weltweites Entsetzen aus.
Bedford-Strohm sagte, in der Trauer, im Erschrecken und in der Sorge, wie es weitergehen solle, könnten neues Gottvertrauen und die Gemeinschaft mit anderen Menschen helfen. Der bayerische evangelische Landesbischof warb für ein Vertrauen, das "von der Lähmung in eine neue Freiheit führt". Dies könne das schlimme Ereignis zum Ausgangspunkt einer neuen Kraft werden lassen.
Gemeinsames Gedenken
An dem Gottesdienst nahmen auch Bundespräsident Joachim Gauck, Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sowie Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) teil. Für die neun Opfer wurden Kerzen entzündet, ein jüdischer Geistlicher sowie mehrere islamische Vertreter sprachen Gebete. Sieben der neun Getöteten waren muslimisch, überwiegend junge Leute.
Bei einem anschließenden Trauerakt im Bayerischen Landtag sagte Bundespräsident Joachim Gauck, an die Familien und Freunde der Getöteten gerichtet: "Sie sind in Ihrer Trauer nicht allein." Man stehe in Momenten wie diesen fassungslos vor den Abgründen der menschlichen Existenz. Taten wie in München "lassen uns erstarren, sie führen uns an die Grenze dessen, was wir ertragen können", so Gauck. Doch die Täter würden die Menschen nicht "zwingen zu hassen, wie sie hassen". Deutschland werde eine mitmenschliche und solidarische Gesellschaft bleiben.