Die Zahl der Todesopfer bei Polizeieinsätzen habe sich im vergangenen Quartal im Vergleich zum Vorjahreszeitraum mehr als verdoppelt. Nach Angaben des staatlichen Instituts für öffentliche Sicherheit ISP lag die Zahl der Todesopfer zwischen April und Juni dieses Jahres im Stadtgebiet von Rio de Janeiro bei 124, also mehr als ein Fall pro Tag.
"Die steigende Zahl von Todesfällen durch Polizeigewalt macht deutlich, dass die Olympischen Spiele im Bereich der öffentlichen Sicherheit keinerlei positiven Folgen hinterlassen werden", erklärte Atila Roque, Direktor von Amnesty International in Brasilien. "Es ist, als ob Brasilien die Spiele bereits vor ihrem Beginn verloren hätte." Seit der Vergabe der Spiele an Rio de Janeiro im Jahr 2009 habe die Polizei mehr als 2.600 Menschen erschossen, klagte Roque.
"Kreuzfeuer"-App
Die Organisation veröffentlichte zudem die erste Bilanz einer neuen Smartphone-App, mit der seit Anfang Juli Schießereien und Todesopfer in Rio de Janeiro gemeldet werden können. Über die "Kreuzfeuer" genannte App wurden demnach allein in den vergangenen 25 Tagen 756 Schießereien mit mutmaßlich 51 Todesopfern gemeldet.
Kritik an Straffreiheit
Amnesty International und Human Rights Watch veröffentlichten im Vorfeld der ersten Olympischen Spiele in Südamerika ausführliche Berichte über das Ausmaß der Polizeigewalt. Darin wird kritisiert, dass bei Polizeieinsätzen fünfmal mehr Menschen getötet als verletzt würden. Zudem herrsche vollkommene Straffreiheit, da tödliche Schüsse fast immer als Notwehr dargestellt würden. Die Opfer von Polizeigewalt seien zumeist junge Männer dunkler Hautfarbe, die aus den Favelas, den Armenvierteln, stammten.
Olympische Stimmung möglich?
Die Olympischen Spiele beginnen am 5. August. Angesichts einer schweren politischen und wirtschaftlichen Krise ist im Land bisher wenig olympische Stimmung zu spüren. Trotz knapper Kassen und Problemen bei der Fertigstellung einiger Infrastrukturprojekte versprechen die Behörden eine perfekte Organisation und stimmungsvolle Spiele.