In Frankreich werden die Feiern des katholischen Hochfests Mariä Himmelfahrt landesweit von strengen Sicherheitsvorkehrungen begleitet. Nach den Anschlägen in Nizza und Saint-Etienne-du-Rouvray rief Innenminister Bernard Cazeneuve die Präfekten des Landes auf, die Verantwortlichen in den Pfarreien und Wallfahrtsorten zu Zugangsbeschränkungen und zu einer Lenkung der Besucherströme anzuhalten. Die Teilnehmer sollten besonders wachsam für "unangemessenes Verhalten und Gegenstände" sein.
Hinweisschilder "Attentatswarnung"
Die Präfektur Alpes-Maritimes ließ laut Medienberichten angesichts des jüngsten LKW-Anschlags von Nizza am Eingang von religiösen Gebäuden den Hinweis "Attentatswarnung" anbringen, um die Wachsamkeit zu erhöhen. Auch vor der Basilika von Fourviere in Lyon, der drittgrößten Stadt des Landes nach Marseille und Paris, sollen die Wachkräfte besonders verstärkt werden. Dort war im Dezember das jährliche Lichterfest zum Festtag Mariä Empfängnis, ein traditioneller Touristenmagnet, wegen Sicherheitsbedenken abgesagt worden. Die kirchlichen Feiern fanden dagegen - mit behördlicher Sondergenehmigung - wie geplant statt.
Europas bedeutendster Marienwallfahrtsort Lourdes in den Pyrenäen erwartete bereits für dieses Wochenende Zehntausende Besucher. Höhepunkt ist am Montag die französische Nationalwallfahrt, die von Primas Kardinal Philippe Barbarin geleitet wird. Zu den verschiedenen Gottesdiensten rund um den Festtag werden mehr als 25.000 Menschen aus vielen Ländern erwartet.
Sicherheitsmaßnahmen auch in Lourdes
Die Präfektin des Departements Hautes-Pyrenees, Beatrice Lagarde, musste zuletzt gar Gerüchten über eine Absage der Wallfahrt widersprechen. Man habe lediglich als Reaktion auf die jüngsten Vorfälle "das Sicherheitskonzept ergänzt". So gelte für Lourdes an diesen Tagen unter anderem ein Überflugverbot; auch Drohnen seien nicht erlaubt. Alle Müllbehälter würden abmontiert und durch transparente Säcke ersetzt.
Einige Gotteshäuser in Frankreich stellen die scharfen Sicherheitsvorkehrungen durchaus auch vor finanzielle Probleme. Der Rektor des Straßburger Münsters, Michel Wackenheim, wird mit den Worten zitiert: "Die Präfektur ordnet an, aber wir bezahlen die Zeche." Die Kosten für Sicherheitspersonal und Videoüberwachung sowie verkürzte Öffnungs- und Gottesdienstzeiten hätten die nötigen kirchlichen Einnahmen im vergangenen Dezember um 30 Prozent einbrechen lassen. Zuletzt wurde der Ausnahmezustand wieder um sechs Monate verlängert.
Besonderer Gottesdienst mit Vorsitzendem der Französischen Bischofskonferenz
Einen besonderen Gottesdienst zum Marienfest feiert der Vorsitzende der Französischen Bischofskonferenz, Erzbischof Georges Pontier von Marseille. Er fährt in das 20 Kilometer östlich gelegene Dörfchen Carnoux-en-Provence, das 1966, vor genau 50 Jahren, für die sogenannten Pieds-noirs ("Schwarzfüße") gegründet wurde. Dieser Begriff bezeichnete seit den 1950er Jahren die weißen französischen Siedler in Algerien, die sich seit der Eroberung des nordafrikanischen Landes dort angesiedelt hatten.
Nach dem Ende des Protektorats Marokko 1956, dem blutigen Algerien-Krieg (1954-1962) und der algerischen Unabhängigkeit suchten Tausende "Schwarzfüße" eine neue Heimat im Mutterland Frankreich, besonders viele in der Gegend um Marseille. In Carnoux, das heute knapp 7.000 Einwohner zählt, wurde unter anderem die Marienkirche "Notre-Dame d'Afrique" erbaut. Der dortige Gottesdienst mit Erzbischof Pontier am Montag steht unter dem Zeichen der christlich-muslimischen Brüderlichkeit.
Bernard Lucchesi, Pfarrer von "Notre-Dame d'Afrique", sagte im Vorfeld der Zeitung "La Croix": "Die jüngsten Attentate erinnern manche der Älteren in meiner Gemeinde an die Atmosphäre von 1962 und lassen die alten Wunden ihrer Geschichte von damals wieder aufbrechen." Es war ein sehr dunkles Kapitel zwischen den Muslimen Nordafrikas und den frankophonen Christen Europas.