Vor 20 Jahren starb Taizé-Mitbegründer Frère Max

Der Chef-Theologe neben Frère Roger

Er war Calvinist, gründete mit Frère Roger Taize und war Beobachter beim Konzil. Doch es ging ihm zu langsam mit der Ökumene - er ging einen anderen Weg. Als katholischer Priester in der Päpstlichen Theologenkommission.

Autor/in:
Alexander Brüggemann
Das Grab von Frere Max in Taize. / ©  Alexander Brüggemann  (KNA)
Das Grab von Frere Max in Taize. / © Alexander Brüggemann ( KNA )

Die Geschichte von Frère Roger ist schon häufig aufgeschrieben worden. Der Gründer der Mönchsgemeinschaft von Taizé, der mitten im Zweiten Weltkrieg Versöhnung suchte und ein fast verlassenes Dorf in Burgund zu einer internationalen Jugendbegegnungsstätte und zu einem Motor der ökumenischen Begegnung machte. 

Roger Schutz (1915-2005) hatte bei seiner Idee von Taizé mehrere Mitdenker und Mitträumer. Einer der wichtigsten war Max Thurian, der am 15. August 1996, vor 20 Jahren, starb.

Theologischer Kopf der Taizé-Gemeinschaft 

Sein Werdegang ist theologisch ungewöhnlich, ja spektakulär. Max Thurian wurde am 16. August 1921 als Sohn eines Zollbeamten im Kanton Genf geboren. Der Calvinist studierte an der autonomen Theologischen Fakultät der Universität Genf. Nach seinem Abschluss wurde er 1946 von der Église nationale protestante de Genève ordiniert, bevor er sich als einer der ersten sieben Brüder dem idealistischen Projekt von Taizé anschloss. 

Für den Charismatiker Frère Roger war das Theologiestudium nur ein Mittel zum Zweck seiner geistlichen Berufung, seines spirituellen Weges mit Christus gewesen. Der eigentliche theologische Kopf von Taizé wurde Frère Max.

Konzilpapst schätzte geistlichen Aufbruch

Die beiden Schweizer wurden von Johannes XXIII. (1958-1963) persönlich als protestantische Beobachter zum Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) eingeladen. Der reformorientierte Konzilspapst schätzte den geistlichen Aufbruch der ökumenisch gesinnten Gemeinschaft außerordentlich, nannte ihn begeistert einen "kleinen Frühling". 

V.r.: Papst Johannes XXIII. mit Kardinal Augustin Bea, der erste Präsident des Sekretariates für die Einheit der Christen, Roger Schütz, Prior der Gemeinschaft von Taize, und Max Thurian.  / ©  Ernst Herb (KNA)
V.r.: Papst Johannes XXIII. mit Kardinal Augustin Bea, der erste Präsident des Sekretariates für die Einheit der Christen, Roger Schütz, Prior der Gemeinschaft von Taize, und Max Thurian. / © Ernst Herb ( KNA )

1948, damals noch als Nuntius in Frankreich, hatte er der jungen protestantischen Gemeinschaft gestattet, in der katholischen Dorfkirche Gottesdienst zu feiern.

Umgekehrt zeigten sich die Vertreter von Taizé durch die Reformen des Konzils in ihrem Kurs bestätigt; man schien am selben Strang zu ziehen. Mit Erlaubnis des Erzbischofs von Paris wurden 1969 die ersten katholischen Brüder aufgenommen - aus kirchenhistorischer Sicht der eigentliche, sensationelle Start einer ökumenischen Mönchsgemeinschaft.

Übertritt zum Katholizismus?

Drei Jahre später erhielten Frère Roger und Frère Max gar vom Bischof von Autun, Armand Le Bourgeois, die Kommunion. Schon beim Konzil hatten die beiden Calvinisten Aufsehen erregt, als sie wie selbstverständlich vor dem Altarssakrament niederknieten.

Der eucharistische Schritt von 1972 wurde lange Zeit als Beleg für einen Übertritt der beiden zum Katholizismus gewertet - was jedoch von der Gemeinschaft von Taizé stets als unzutreffend zurückgewiesen wurde.

Die innere Chronologie der folgenden Jahre ist nicht mehr einfach nachzuvollziehen. Offenbar gingen Frère Max die damals noch erheblichen ökumenischen Fortschritte nicht schnell genug. Der heutige Prior von Taizé, der deutsche Katholik Frère Alois (62), sagt auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA): "Er wurde irgendwann zu ungeduldig, und er ging einen anderen Weg."

Priesterweihe 1987

Anfang der 80er Jahre arbeitete Max Thurian noch an der Lima-Erklärung des Weltkirchenrates (ÖRK) von 1982 mit. Am 3. Mai 1987 schließlich wurde er in Neapel vom dortigen emeritierten Erzbischof, Kardinal Corrado Ursi, zum Priester geweiht. 

1992 berief ihn Johannes Paul II. (1978-2005) zum Mitglied der päpstlichen Internationalen Theologenkommission. Ein weiter geistlicher Weg hatte Thurian vom Genfer reformierten Theologen zum ökumenisch gesinnten Mönch bis zum päpstlichen Theologen geführt.

In seinen letzten Lebensjahren litt er an einer Krebserkrankung, wurde in Genf behandelt. "Aber er kam weiter jede Woche nach Taize", berichtet Frère Alois - immerhin 120 Kilometer Luftlinie und rund 200 Straßenkilometer. Frère Max Thurian starb in Genf, einen Tag vor seinem 75. Geburtstag. Begraben liegt er in Taizé, gleich neben Frère Roger am Eingang der kleinen romanischen Dorfkapelle.

Taizé

Taizé ist ein Symbol der ökumenischen Bewegung. Der Ort im südlichen Burgund ist Sitz einer christlichen Gemeinschaft und wurde zum Treffpunkt für Jugendliche aus aller Welt. Der Bruderschaft gehören rund 100 Männer aus etwa 30 Ländern an, die aus der evangelischen und katholischen Kirche stammen. Von ihnen lebt etwa ein Viertel in kleinen Gemeinschaften in Asien, Afrika und Südamerika. Diese Brüder teilen ihr Leben mit Straßenkindern, Gefangenen, Sterbenden und Einsamen.

Hände beim Taizé-Gebet / © Harald Oppitz (KNA)
Hände beim Taizé-Gebet / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
KNA