Eine überraschende Entdeckung haben die Restauratoren bei den seit dreieinhalb Monaten laufenden Arbeiten an der Grabkapelle ("Ädikula") in der Jerusalemer Grabeskirche gemacht. Nach Abnahme von Verkleidungsplatten auf der Südseite wurde neben früherem Marmor auch gewachsener, bis in 1,70 Meter Höhe reichender Fels sichtbar, wie nun aus Kirchenkreisen zu erfahren war. Es könnte sich um Teile des ursprünglichen Grabes handeln, in das der Überlieferung zufolge Jesus nach seiner Kreuzigung gelegt worden war.
Bislang war unbekannt, was von dem von Kaiser Konstantin (306-37) aus dem Felsen herausgeschlagenen Grabmonument noch erhalten war. Es hieß, im Jahre 1009 habe Kalif al-Hakim das Gotteshaus und das Grabmonument dem Erdboden gleichgemacht. Die neuen Beobachtungen sollen nun näher geprüft werden.
Pilgerbetrieb geht weiter
Am 22. März hatten sich die Leiter der drei für die Grabeskirche zuständigen christlichen Kirchen Jerusalems (Orthodoxe, Armenier, Katholiken) auf eine Restaurierung der Ädikula geeinigt. Sie gilt seit Jahren als marode und baufällig und wird seit 1947 von einem Stahlgerüst gesichert. Die Arbeiten begannen nach dem orthodoxen Osterfest im Mai.
Die täglichen Liturgien und der Pilgerbetrieb gehen unterdessen weiter - mit leichten Einschränkungen. Um die Grabrotunde sind hohe weiße Absperrwände errichtet, die Grabkammer selbst kann weiterhin von Pilgern zum Gebet betreten werden. Besonders lärmintensive Arbeiten werden in den Nachtstunden vorgenommen.
Aussehen soll erhalten bleiben
Vereinbart wurde von den drei Kirchenführern eine "konservative Restaurierung", bei der das Aussehen der 1810 im osmanischen Barock errichteten Grabkapelle erhalten bleibt. Der 8,30 mal 5,90 große und 5,90 Meter hohe Bau soll nur gereinigt und ausgebessert sowie in den Teilen, die unsicher oder irreparabel sind, erneuert werden.
Ab dem Jahr 324 hatte Kaiser Konstantin über dem Gelände, das nach Ausweis des damaligen Jerusalemer Erzbischofs Makarios als Ort der Kreuzigung, Grablegung und Auferstehung Jesu galt, ein dreiteiliges Gotteshaus errichtet. Nach Erkenntnissen der modernen Archäologie spricht vieles dafür, dass das Jesus-Grab auf dem Gelände der Kirche gelegen haben kann. Anders als heute befand sich das Grundstück vor 2.000 Jahren außerhalb der Stadtmauern.
Die Arbeiten an der Ädikula waren zunächst auf acht Monate angelegt. Aufgrund unvorhergesehener oder komplizierter Gegebenheiten dürften sie jedoch etwas länger dauern, womöglich bis zum nächsten Osterfest oder darüber hinaus.