Es ist Jagdsaison in Umbrien. Man geht auf Wachteln, Fasanen und Hasen. Am frühen Sonntag, noch vor dem ersten Glockenläuten, hallen die Hänge des Monte Subasio wider vom Knall der Flinten. Manchem Gast in Assisi wecken die Schüsse vielleicht bange Erinnerungen an die Heimat in Aleppo, Mossul oder Kinshasa. Sie kamen hierher zu einem internationalen Treffen, das über den Beitrag der Religionen zur Lösung globaler Konflikte beraten und um Frieden beten will.
Erstes Weltfriedenstreffen im Jahr 1986
Im Oktober 1986 geschah es zum ersten Mal, dass Papst Johannes Paul II. (1978-2005) angesichts des Kalten Kriegs die Oberhäupter aller Religionen zusammenrief, damit jeder in der Sprache seines Glaubens die Stimme für den Frieden erhebe. Als Ort wählte er die Heimatstadt des heiligen Franziskus (1181/82-1226). Der Bettelbruder, der Aussätzige umarmte, den Vögeln predigte und im Kreuzzug das Gespräch mit muslimischen Heerführern suchte, fasst gleichsam in seiner Person die soziale, ökologische und politische Seite eines religiösen Friedensengagements zusammen.
Die katholische Gemeinschaft Sant'Egidio machte aus der Initiative von Johannes Paul II. eine feste Einrichtung. 30 Jahre nach dem ersten Friedenstreffen sei die Botschaft, dass alle Religionen den Frieden wollten, "noch notwendiger", sagt Sant'Egidio-Gründer Andrea Riccardi. Wie notwendig das ist, spiegelt sich schon im Straßenbild Assisis. Die diesjährige Begegnung unter dem Motto "Durst nach Frieden" steht unverkennbar im Schatten des Terrorismus.
Hohe Sicherheitsmaßnahmen
In der umbrischen Kleinstadt wurden neben Polizei und Carabinieri auch Einheiten der Forstwache und der Finanzpolizei sowie Einsatzkräfte aus anderen Landesteilen zusammengezogen. Wer zur Basilika San Francesco will, muss Personenkontrollen und Metalldetektoren passieren. Ein Sprecher der Polizeibehörde in Perugia sagte, es seien viele Beamte in Zivil unterwegs. Man setze auf weiträumige Absperrungen und nachrichtendienstliche Ermittlungen, damit die religiösen Zeremonien und Dialogveranstaltungen ungestört ablaufen könnten.
Ein Burgfrieden: So beraten von Montag an rund 500 Delegierte in knapp 30 Podiumsveranstaltungen über Themen wie Migration und Integration, das Recht auf Nahrung, den Stand des christlich-jüdischen Dialogs oder die Lage im Irak. Dass Friede auch eine soziale Dimension hat, rückte im katholischen Eröffnungsgottesdienst am Sonntag Assisis Bischof Domenico Sorrentino in den Blick. Ein jeder werde sich am Ende des Lebens nach seinem Verhalten gegenüber den Benachteiligten beurteilen lassen müssen, sagte er: "Die Armen werden unsere Richter sein oder unsere Anwälte."
Besondere Erwartung an Papst Franziskus
Schon im Vorfeld hatte Sorrentino dem Friedenstreffen einen "prophetischeren" Charakter zugesprochen als je zuvor. Die Welt, so der Bischof, befinde sich in einem Zustand, den Papst Franziskus als "Dritten Weltkrieg auf Raten" bezeichne. Auf Franziskus richtet sich daher auch eine besondere Erwartung. Der Papst stößt allerdings erst nach Abschluss der inhaltlichen Arbeiten am Dienstagmittag dazu, um ein Friedensgebet zu halten und gemeinsam mit den Delegationen eine Friedensbotschaft zu verkünden.
Bis dahin sind die Dinge im Fluss. Von den erwarteten 12.000 Teilnehmern haben sich laut Sant'Egidio bis Sonntagmittag 5.000 registriert; das entspricht einem knappen Drittel der Besuchermenge, die an einem durchschnittlichen Tag durch Assisis Gassen zieht. Auch in der Liste der religiösen Repräsentanten ist noch Bewegung. Die Mutmaßung, es fehlten wirklich herausragende muslimische Namen, nannte Riccardi eine "Dummheit". Allerdings war bis zur Eröffnung unklar, wer den Islam auf dem Schlusspodium vertritt.
Auch die Bühne vor der Basilika war am Sonntag noch im Entstehen, unter der gelassenen Regie von Massimo, einem lokalen Zimmermann: eine Patriarchengestalt mit langem grauem Bart und unverwüstlicher Zuversicht. Der Regen in der vergangenen Nacht ist ihm mächtig ins Konzept gefahren, hat die Spanplatten durchnässt. "Ob wir bis Dienstag fertigwerden, hängt vom Wetter ab", sagt Massimo. "Aber immer mit der Ruhe." Auf jeden Fall wird Mittwoch wieder abgebaut.