Die Bundesregierung hat die gewaltsame Auflösung eines Kirchenasyls in Münster im August verteidigt. In dem Fall eines 31-jährigen Asylbewerbers aus Ghana habe dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) kein kirchliches Prüfdossier vorgelegen, heißt es in der am Freitag bekanntgewordenen Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linken-Bundestagsfraktion. Daher habe das zwischen dem BAMF und den Kirchen vereinbarte Verfahren bei Kirchenasylfällen nicht durchgeführt werden können. Zudem habe das Amtsgericht Münster einen Ausreisegewahrsam angeordnet.
Laut der Vereinbarung des BAMF und der Kirchen von 2015 solle Kirchenasyl lediglich in absoluten Ausnahmefällen gewährt werden, heißt es in der Antwort weiter. Grundsätzlich sollten die Außenstellen des BAMF nach Eingang des Dossiers zunächst keine weiteren Schritte einleiten. In dem konkreten Fall sei diese Dokumentation erst einen Tag nach der Auflösung des Kirchenasyls vom Katholischen Büro Nordrhein-Westfalen eingereicht worden. Die Gewährung von Asyl in Deutschland liege jedoch grundsätzlich allein beim Staat, erklärte die Bundesregierung.
Kirchenasyl ohne Ausnahme
Der Münsteraner Linken-Bundestagsabgeordnete Hubertus Zdebel kritisierte am Freitag die Antwort mit dem Verweis auf nicht erbrachte Unterlagen als "Zeichen des mangelnden Respektes vor dem Prinzip des Kirchenasyls". Das Kirchenasyl müsse prinzipiell gelten - unabhängig von den "Spitzfindigkeiten", die die Bundesregierung ins Feld führe. "Beim Kirchenasyl geht es schließlich nicht um den Kauf eines Gebrauchtwagens, sondern um den prinzipiellen Schutz von Menschen in Not aufgrund einer Gewissensentscheidung von christlichen Gemeinden", unterstrich Zdebel. Im konkreten Fall sei der Behörde das Einzelfalldossier in Aussicht gestellt worden.
Die Polizei hatte den Asylbewerber aus Ghana am 23. August gegen seinen Widerstand aus einem Kirchenasyl in Münster abgeführt. Er sollte auf Anordnung des BAMF nach Ungarn abgeschoben werden, wo er zuerst registriert worden war. Das Verwaltungsgericht Münster setzte die drohende Abschiebung nach einem Eilantrag aus. Nach Einschätzung des Gerichts genügt die Versorgung von Flüchtlingen in Ungarn nicht den Anforderungen in der EU. Seitdem ist der Mann wieder in Nordkirchen untergebracht, wo er vor dem Kirchenasyl lebte.
Kontrovers diskutiert
Der Bruch des Kirchenasyls war bereits von Kirchen und den NRW-Grünen scharf kritisiert worden. NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) hatte den Polizeieinsatz zuvor im Grundsatz verteidigt, aber zugleich darauf verwiesen, dass die Anordnung zur Abschiebung in der Verantwortung des BAMF gelegen habe.
Nach dem Dublin-Abkommen der Europäischen Union muss ein Flüchtling in dem EU-Staat Asyl beantragen, über den er nach Europa eingereist ist. Beim Kirchenasyl werden Flüchtlinge ohne legalen Aufenthaltsstatus von Kirchengemeinden zeitlich befristet beherbergt. Ziel ist, in Härtefällen eine unmittelbar drohende Abschiebung zu verhindern und eine erneute Prüfung des Falls zu erreichen.