domradio.de: Die Kirche setzt sich schon lange für den freien Sonntag ein. Ist das Ergebnis von Münster da ein Triumph?
Antonius Hamers (Leiter des katholischen Büros Nordrhein-Westfalen): Ich glaube das Ergebnis zeigt, dass offensichtlich die Mehrheit der Menschen der Meinung ist, dass der Sonntag eine gute Unterbrechung des Alltags ist und das diese Unterbrechung eben auch beinhaltet, dass der Konsum teilweise ruht und die Geschäfte zu sind.
domradio.de: Dabei muss man fairerweise auch sagen, dass die Bürgerbeteiligung mit 22 Prozent relativ gering ausgefallen ist, einiges geringer als bei anderen Bürgerentscheiden in der Stadt. Ist das denn für die Bürger bei uns im Land kein großes Thema?
Hamers: Ich glaube es wäre ein größeres Thema, wenn diese Öffnungszeiten beziehungsweise wenn die Sonntagsruhe mehr gestört oder gefährdet wäre. Ich glaube schon, dass der weitaus größte Teil der Leute das durchaus wertschätzt, dass der Sonntag etwas anderes ist als der Werktag. Man bekommt den Eindruck, dass auch in den Innenstädten mehr Ruhe einkehrt.
domradio.de: Auf der anderen Seite argumentieren die Geschäftsleute, dass ihnen dadurch gerade im Adventsgeschäft einiges an Einbußen verloren geht. Ist das denn nicht auch ein Argument?
Hamers: Auf jeden Fall sind wirtschaftliche Aspekte immer mit zu berücksichtigen. Das ist natürlich auch deshalb wichtig, weil da auch Arbeitsplätze dranhängen und weil natürlich die Attraktivität von Städten davon abhängt. Das steht natürlich außer Frage. Die Frage ist für mich: Gibt es nicht genügend Zeiten, zu denen eingekauft werden kann? Natürlich haben wir im Advent immer den Eindruck, dass Weihnachten so plötzlich kommt und uns die Zeit fehlt, die Geschenke einzukaufen. Aber wenn wir mal genauer hinschauen, gibt es schon viel Zeit. Zum Beispiel haben die Läden den ganzen Samstag geöffnet und dieser Tag ist für den Großteil der Menschen arbeitsfrei, sodass auch die Möglichkeit besteht, dann einzukaufen. Insofern gibt es genügend Möglichkeiten, sein Geld auszugeben, zu konsumieren und so auch der Wirtschaft etwas zuzuführen.
domradio.de: Sie sitzen im katholischen Büro an der Schnittstelle von Kirche und Politik. Ist denn der Sonntagsschutz auch da ein Thema?
Hamers: Das war er vor einiger Zeit noch etwas stärker. Jetzt durch diesen Bürgerentscheid und auch durch entsprechende Gerichtsentscheide in anderen Städten ist es nochmal etwas stärker in das Bewusstsein gerückt, aber es hat uns in letzter Zeit nicht so unmittelbar beschäftigt, wie das noch vor ein paar Jahren der Fall gewesen ist.
domradio.de: Wenn wir in andere Länder gucken, zum Beispiel in die USA, dann gibt es da überhaupt keine geregelten Öffnungszeiten, weder in der Nacht, noch am Wochenende. Ist es noch ein großer Unterschied zu uns?
Hamers: Das glaube ich schon. Es macht schon Unterschiede, wenn man so einen Tag in der Woche hat, egal ob es ein religiöser ist, schließlich ist es auch eine kulturelle Errungenschaft, an dem zumindest der Großteil der Bevölkerung nicht arbeiten muss und auch einfach seine sozialen Verbindungen pflegen und auch mal zur Ruhe kommen kann. Das ist schon eine große Differenz und ich finde, dass sollten wir uns nicht nehmen lassen. Für mich ist es auch kein Argument zu sagen: In anderen Ländern ist das so. In vielen anderen Punkten orientieren wir uns zum Glück auch nicht an anderen Ländern und auch nicht an den USA.
Das Gespräch führte Uta Vorbrodt.