domradio.de: Ich vermute mal, die Reise war für Sie ziemlich anstrengend?
Schwester Franziska (Wohnungslosenseelsorge "Gubbio" in Köln): Es waren über 140 Leute vom Erzbistum Köln dabei. Unsere Gruppe "Gubbio" bestand aus 15 Leuten; wir sind mit dem Nachtzug gefahren. Das war zwar anstrengend, aber auch erlebnisreich und bunt.
domradio.de: Inwiefern war es bunt?
Schwester Franziska: Als wir in den Zug nach München eingestiegen sind, wussten alle anderen Mitreisenden in unserem Wagen in kürzester Zeit, dass wir nach Rom fahren. Unsere Leute waren so happy, die haben so laut erzählt und direkt missioniert. Die Leute waren so nett zu uns. Die Mitfahrer haben uns sogar eine Zeitung vom Rhein-Sieg-Kreis gezeigt, wo ein Bild von uns drin war.
domradio.de: Wie war das für Sie, als die Obdachlosen im Petersdom die Fürbitten vorgetragen haben? Das war bestimmt nicht nur für die Bedürftigen ein bewegender Moment?
Schwester Franziska: Das war sehr schön. Eine Frau hat auch eine Lesung auf deutsch gehalten. Aber noch viel bewegender waren die Momente bei der Privataudienz am Freitag in der Halle. Da durfte auch eine Frau aus unserer Gruppe in der ersten Reihe sitzen und wurde privat vom Papst gesegnet. Er ist zum Schluss rumgegangen und hat einige gesegnet. Und diese Rosi war dabei und so happy und glücklich. Der Papst hatte noch zwölf Bedürftige da sitzen, wo er gesessen hat. Die haben zum Schluss für ihn gebetet und haben ihn gesegnet. Er hat zu jedem gesagt: Betet für mich. Das war für alle so ein Wahnsinnsmoment, dass arme Menschen den Papst segnen.
domradio.de: Was nehmen die Obdachlosen für sich mit?
Schwester Franziska: Für sie war es eine große Wertschätzung und ein Erlebnis, dem Papst ganz nah gewesen zu sein. Wir standen am Mittelgang links und rechts fast in der ersten Reihe, als der Papst runter kam. Einige haben ihn berührt; einer sogar die Hand geküsst. Das war für viele ein tiefes Erlebnis.
domradio.de: Wie haben die Römer und Touristen auf Ihre Gruppe reagiert?
Schwester Franziska:Ich glaube gar nicht. In Rom sind ständig Gruppen unterwegs. Dass wir Obdachlose sind, das konnten die nicht erkennen – denke ich. Die wenigsten Obdachlosen sehen aus wie ein Klischee. Die Allermeisten pflegen sich.
domradio.de: Die Wertschätzung gegenüber Obdachlosen ist hier bei uns oft ein Problem. Am Wochenende ist in Köln ein Obdachloser verbrannt. Das Leben auf der Straße ist gefährlicher als viele sich das vorstellen, oder?
Schwester Franziska:Es ist ganz sicher gefährlicher. Ich höre immer wieder von Männern, dass sie zum Teil Angst haben, dass sie an ihrem Schlafplatz bedroht werden – von Grüppchen, die ihre Macht ausleben wollen. Besonders gefährlich ist es für Frauen. Die sind ja völliges Freiwild auf der Straße. Die müssen sich gut verstecken oder einen Begleiter dabei haben.
domradio.de: Ändert sich nun was im Winter in der Seelsorge?
Schwester Franziska: In der Seelsorge nicht direkt, aber wir hören natürlich viel öfter die Sorge, dass man nicht weiß, wohin in der Nacht. Dafür gibt es das Kölner Nachtcafe: verschiedene Gemeinden im Winter öffnen einen Raum, in dem Obdachlose schlafen können - an einem bestimmten Wochentag. Das läuft schon seit Anfang November und ist schon so überfüllt, dass die ersten wieder weggeschickt werden, weil die Räume ja begrenzt sind.
domradio.de: Umso schöner das Zeichen von Papst Franziskus. Wenn es nach Ihnen ginge – würde es das nochmal geben? So eine Reise nach Rom?
Schwester Franziska: Für diese Menschen ganz bestimmt. Das wäre einfach super. Wenn in ein paar Jahren ein neuer Papst das auch wieder so ins Leben ruft, das wäre schon toll. Ich denke, das hat die Menschen schon sehr berührt. Von unserer ganzen Gruppe war nur einer schon einmal in Rom. Für alle anderen war es neu, die kannten die Stadt nicht. Die hätten auch nie das Geld gehabt, da jemals hinzukommen.
Das Gespräch führte Verena Tröster.