domradio.de: Wie blicken Sie auf diesen Mann zurück?
Prälat Bernd Klaschka (Hauptgeschäftsführer des katholischen Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat): Fidel Castro ist ein Mann, der die Entwicklung und die Geschichte Kubas entscheidend geprägt hat. Er hat sehr viel für sein Volk getan, insbesondere im Bildungs- und im Gesundheitswesen der 60er bis 80er Jahre. Er ist auch ein Mann, der Impulse hin nach Lateinamerika gegeben hat. Er ist ein Mann, der allerdings auch umstritten gewesen und weiterhin auch ist. Er ist ein Mann, der Diskussionen, für den richtigen Weg von weniger Menschlichkeit zu mehr Menschlichkeit, von weniger Gerechtigkeit zu mehr Gerechtigkeit betrieben hat. Er ist, glaube ich, ein Mann, der in der Erinnerung seines Volkes bleiben wird.
domradio.de: Fidel Castro ist mit mehreren Päpsten zusammengetroffen: Johannes Paul II. war der erste, dann Benedikt XVI. und zuletzt auch noch Papst Franziskus. Wie wichtig waren diese Treffen?
Klaschka: Ich denke die Treffen mit den Päpsten, insbesondere mit Johannes Paul II., waren sehr wichtig, sowohl für die Kubaner als auch für Fidel Castro selbst. Es war aber auch für die Kirche wichtig, denn die Kirche war eine Zeit lang auf Kuba in großen Schwierigkeiten. Sie wurde verfolgt und sie konnte ihre Fähigkeiten und Tätigkeiten nicht so entwickeln.
Johannes Paul II. hat in einer Predigt in Havanna gesagt, Kuba soll sich für die Welt öffnen und die Welt sich für Kuba öffnen. Damit hat er zu einem Dialog aufgerufen und ich glaube, dieser Dialog findet zaghaft statt und er kann noch ausgebaut werden. Papst Benedikt ist ihm auf persönlicher Ebene begegnet und ich glaube auch, dass dieses Treffen für Fidel Castro wichtig war, denn er ist Jesuitenschüler gewesen und das hat ihn natürlich geprägt in seinem Leben. Die Begegnung mit Franziskus, ermöglicht auch durch den Kardinal Ortega von Havanna, hat nochmal Türen geöffnet, um das Feld und die Beziehungen zwischen Kuba und den Vereinigten Staaten zu verbessern.
domradio.de: Wir haben bei den Papstbesuchen in diesem sozialistischen Kuba gesehen, dass der Glaube und die katholische Kirche immer noch sehr präsent sind. Wie ist denn die Situation der Katholiken auf Kuba?
Klaschka: Die katholischen Christinnen und Christen auf Kuba konnten sich zu Zeiten von Fidel Castro nicht frei bewegen beziehungsweise frei versammeln, sondern sie haben sich in Häusern getroffen und dort ihren Glauben gefeiert. Aktiv waren sie nicht verfolgt, aber sie hatten zum Beispiel keinen Zugang zu öffentlichen Ämtern, weil sich Kuba als atheistischer Staat definiert hat. Das ist nachher, zu Fidel Castros Zeiten, auch noch verändert worden. Es konnten keine Christinnen und Christen Mitglieder der Partei werden. Das hat sich später noch geändert. Heute genießen die Katholiken auf Kuba eine Bewegungsfreiheit und eine Versammlungsfreiheit, aber in die Öffentlichkeit können sie nicht hineinwirken.
domradio.de: Glauben Sie, dass Fidel Castro, der bekennende Sozialist, auch ein gläubiger Mensch war?
Klaschka: Fidel Castro war, glaube ich, von seiner Idee einer gerechten Welt tief überzeugt und daran wollte er mitwirken. Die Wege, die er dann beschritten hat, die haben ihn in große Konfrontationen geführt und insbesondere auf ideologischem Gebiet hat es dann zu Verkrustungen und Verhärtungen geführt. Ich persönlich glaube, dass Fidel Castro subjektiv gute Absichten für sein kubanisches Volk hatte.
Das Gespräch führte Alexander Foxius.