Aachens Nähe zu belgischen Atommeilern

"Hier werden Pläne für die Evakuierung geschmiedet"

Käme es im belgischen Kernkraftwerk Tihange zu einer Katastrophe, könnte Aachen durch die Strahlung unbewohnbar werden. Die Sorge der Bürger ist groß, so Laura Büttgen im Interview. Sie organisiert dazu eine Tagung an der Bischöflichen Akademie.

Das Atomkraftwerk Tihange in Belgien / © Oliver Berg (dpa)
Das Atomkraftwerk Tihange in Belgien / © Oliver Berg ( dpa )

domradio.de: Es nutzt ja irgendwie nur bedingt, wenn wir in Deutschland beschließen, aus der Atomkraft auszusteigen, während die Nachbarländer weiterhin auf Atomkraft setzen. Die Aachener können ein Lied davon singen. Das belgische Kernkraftwerk Tihange liegt nur rund 60 Kilometer entfernt. Immer wieder hatte es da Zwischenfälle gegeben. Bei einer Reaktorkatastrophe könnte Aachen und die Region einer Studie zufolge stark verstrahlt und unbewohnbar werden. Genau mit diesem Szenario beschäftigt sich an diesem Freitag die Bischöfliche Akademie im Bistum Aachen. Wie groß sind denn die Sorgen aktuell in Aachen?

Laura Büttgen (Tagungsleiterin bei der Bischöflichen Akademie des Bistums Aachen): Die Sorgen sind sehr groß, denn die Strahlung, die hier in der Region erreicht werden könnte, könnte zum Super-Gau führen. Nicht nur die Region ist betroffen, sondern auch Deutschland, Belgien und die Niederlande.

domradio.de: Für Aufregung sorgte auf die Ankündigung, dass die Kommunen in der Region Jodtabletten verteilen wollen. Rein prophylaktisch. Aber das zeigt ja, dass man einen größeren Unfall für nicht unwahrscheinlich hält, oder?

Büttgen: Ja genau, das ist nicht sehr unwahrscheinlich, denn die Studien basieren auf bestimmten Daten und insofern ist die Sorge hier sehr groß.

domradio.de: Gibt es noch mehr Maßnahmen und Vorkehrungen?

Büttgen: Die Region hier ist sehr aktiv, unter anderem durch Städteregionsrat Helmut Etschenberg, aber auch mit gewissen Initiativen, wie dem Aachener Aktionsbündnis gegen Atomenergie. Und zum Beispiel werden hier Pläne für die Evakuierung und gewisse andere Maßnahmen geschmiedet. Praktische Handlungsanweisungen, die nicht nur Privatpersonen, sondern auch öffentliche Einrichtungen wie Schulen, Kindergärten, Krankenhäuser und Behindertenwerkstätten betreffen.

domradio.de: Nun kann man den Belgiern ihre Atomkraftwerke nicht verbieten, diese Erfahrung hat auch schon Bundesumweltministerin Barbara Hendricks machen müssen.  Welche Schritte könnten auf europäischer Ebene eingeleitet werden? Was fordern sie?

Büttgen: Auf europäischer Ebene geht es darum, dass man sich nicht nur um die Neu-Erbauung der Atomkraftwerke sorgt, sondern auch um die Sicherstellung. Das heißt, zu schauen, wie man international die Atomkraftwerke kontrollieren kann.

Das Interview führte Tobias Fricke.


Quelle:
DR