KNA: Herr Botschafter, am Palmsonntag starben bei Terroranschlägen auf zwei koptische Kirchen in Tanta und Alexandria mehr als 40 Menschen. Die Terrormiliz «Islamischer Staat» bekannte sich zu den Anschlägen. Welche Strategie steckt hinter solchen Taten?
Badr Abdelatty (Ägyptens Botschafter in Deutschland): Wir sind in Ägypten an der Frontlinie im Kampf gegen den Terrorismus und waren dabei in den vergangenen Jahren erfolgreich. Die Attacken auf die Kirchen in Tanta und Alexandria sind ein Zeichen des Scheiterns der Terroristen. Sie wollen die ägyptische Bevölkerung spalten. Aber wir sind ein starkes Volk. Wir sind alle Ägypter, unabhängig von unserer religiösen oder ethnischen Orientierung. Es gibt hier keine Diskriminierung. So ist es auch in der Verfassung vom Januar 2014 verankert. Die Muslime stehen an der Seite der Kopten im Kampf gegen den Terror.
KNA: Dennoch fragen sich viele Menschen, ob es nicht einen Mangel an Sicherheit für Christen in Ägypten gibt?
Abdelatty: Nein, das ist überhaupt nicht der Fall. Diese terroristischen Gruppen nehmen jeden ins Visier: die Polizei, die Armee, Moscheen und Kirchen. Auch in den 1970er und 1990er Jahren haben Terroristen in Ägypten unschuldige Menschen angegriffen, aber die Ägypter haben die Oberhand behalten. Die terroristischen Gruppierungen werden auch jetzt ihre dunklen, zerstörerischen Ziele nicht erreichen. Sie sind eine Bande von Kriminellen und haben mit dem Islam nichts zu tun.
KNA: Wie reagiert die ägyptische Regierung?
Abdelatty: Die Regierung versucht, den Terrorismus nicht nur mit Sicherheitsmaßnahmen zu bekämpfen, sondern verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz, der auch die sozialen und ökonomischen Herausforderungen miteinbezieht. Nach den Anschlägen auf die beiden Kirchen müssen wir noch aggressiver gegen die extremistische Ideologie der Terroristen vorgehen. Denn letztlich geht es immer um Ideologien.
KNA: Sind ausländische Touristen und Pilger derzeit sicher in Ägypten?
Abdelatty: Ja, absolut. Wir tun alles, um unsere Gäste zu schützen.
Alle unsere touristischen Ziele sind sehr sicher. Wir unternehmen alle Anstrengungen, um maximale Sicherheit zu bieten. Terrorismus ist ein globales Phänomen, deswegen müssen wir noch mehr an verschiedenen Fronten zusammenarbeiten, um dieses schreckliche Phänomen zu bekämpfen. Dazu gehört es, Finanzströme der Terroristen zu kappen und Geheimdienstinformationen auszutauschen.
KNA: Papst Franziskus besucht am 28. und 29. April Kairo. Manch einer könnte denken, der Besuch wäre zu gefährlich...
Abdelatty: Absolut nicht. Ägypten ist ein sehr starkes Land, das älteste Land auf dem Globus. Es wird ein großartiger Besuch sein für Ägypten und das ägyptische Volk. Ägypten war immer ein Beispiel für Toleranz. Wir tun alles, um hundertprozentige Sicherheit zu gewährleisten, damit das Oberhaupt der katholischen Kirche Gast in Ägypten sein kann. Es gibt überhaupt keine Gefahr in Bezug auf seinen Besuch.
KNA: Was erwarten Sie sich konkret von dem Besuch des Papstes?
Abdelatty: Papst Franziskus ist eine großartige Person, die für Toleranz, friedliches Zusammenleben und den Dialog der Religionen eintritt. Der Besuch wird eine neue Seite im Verhältnis Ägyptens zum Heiligen Stuhl aufschlagen und den Dialog zwischen dem Islam und dem Christentum weiter vertiefen.
KNA: Könnten sich konservative Muslime in Ägypten trotzdem durch den Papstbesuch provoziert fühlen?
Abdelatty: Nein, absolut nicht. Der Papst wird von allen Muslimen und Christen in Ägypten willkommen geheißen.
KNA: Wie steht es um die Situation der Menschenrechte in Ägypten seit dem Amtsantritt von Präsident Abdel Fattah al-Sisi? Hat sie sich verbessert? Die ägyptische Opposition sagt: nein.
Abdelatty: Doch, die Lage der Menschenrechte hat sich in den vergangenen Jahren verbessert. Die Regierung arbeitet sehr entschieden daran, Demokratie und eine Kultur der Menschenrechte weiter zu fördern. Das ist ein Prozess, der nicht über Nacht geschieht, sondern etwas Zeit erfordert. Lehrpläne in Schulen und Universitäten etwa wurden dahingehend angepasst.
KNA: Hindert der verhängte Ausnahmezustand nicht daran, Menschenrechte in vollem Umfang zu gewährleisten? Viele sagen, der Ausnahmezustand sei nur ein Instrument, um die Opposition zu unterdrücken...
Abdelatty: Nein, definitiv nicht. Der Ausnahmezustand kann nach dem Gesetz nur drei Monate andauern und auch nur einmal mit einer Zweidrittelmehrheit des Parlamentes verlängert werden. Auch in Frankreich wurde der Ausnahmezustand verhängt. Unser alleiniges Ziel der Maßnahme ist es, in Ägypten Terrorismus zu bekämpfen, nicht die Menschenrechte einzuschränken.
Das Interview führte Norbert Demuth.