Ukrainischer Weihbischof blickt auf den ESC und das Land

"Der Gast bringt auch Segen"

Europa blickt am Abend in die Ukraine. In Kiew findet der Eurovision Song Contest statt. Es ist nur ein Thema, dass die Menschen im Land bewegt. Der Weihbischof von Lwiw, Volodymyr Hruca, über Konflikte, Hoffnung und Dialog.

12 Punkte für die Ukraine?! Der ESC in Kiew / © Jörg Carstensen (dpa)
12 Punkte für die Ukraine?! Der ESC in Kiew / © Jörg Carstensen ( dpa )

domradio.de: Der ESC, der Musikwettbewerb heute Abend in Kiew. Was denken Ihre Landsleute darüber, ist das ein Thema?

Volodymyr Hruca (Weihbischof von Lwiw im Westen der Ukraine): Zuerst würde ich sagen, der Mensch hat eine soziale Dimension. Er kann nur mit anderen Menschen zusammenleben und existieren. Die zweite Sache ist, dass man bei uns in der Ukraine sagt: Wenn ein Gast ins Haus kommt, so kommt mit ihm auch Segen.

domradio.de: Das heißt?

Hruca: Das heißt, sehr viele Menschen aus verschiedenen Ländern Europas sind in die Ukraine gekommen. Davon können alle profitieren, die Ukrainer selbst, weil sie anderen Kulturen begegnen, und auch die Gäste können unsere Kultur kennenlernen. Wir hatten schon so ein Ereignis 2012 mit der Europameisterschaft in der Ukraine, wo sehr viele Touristen und Fans gekommen sind. Sie haben das Land kennengelernt und einige von ihnen machen jetzt auch Urlaub mit ihren Familien bei uns.

Natürlich haben seit den vergangenen Wochen und Monaten die Menschen Angst vor der Ukraine, weil der Krieg im Osten des Landes herrscht. Er hat momentan aber keinen Einfluss auf die Zentral- oder Westukraine.

domradio.de: Sie sind Weihbischof in Lviv, dem ehemaligen Lemberg im Westen des Landes. Nun ist der Westen eine eher ruhige Region im Land. Welche Rolle spielen die Krisen und Kämpfe im Osten des Landes für Sie und die Menschen in Ihrem Bistum?

Hruca: Natürlich spielt das aus verschiedenen Gründen eine große Rolle. Im Westen des Landes herrscht zwar der Frieden, aber ich würde die ganze Situation mit dem menschlichen Körper vergleichen. Wenn die Hand leidet, dann leidet der ganze Mensch.

domradio.de: Was meinen Sie damit?

Hruca: Es ist auch so, dass wenn der Krieg im Osten herrscht, die Männer auch von der Westukraine dort hingehen, um das Land zu verteidigen. Sie verlassen ihre Familie und kommen dann zum Teil verletzt zurück oder müssen ihr Leben in diesem Krieg lassen. Auch wenn diese Soldaten unverletzt zurückkommen, sind sie dennoch seelisch verletzt. Sie brauchen dann eine Therapie und die Familien oft Hilfe.

domradio.de: Hilft Das ist auch eine große Aufgabe für die Kirche. Sie versucht das eigentlich zu machen, denn man sagt: Der Krieg endet nur dann, wenn der letzte Teilnehmer dieses Krieges gestorben ist. Das heißt, wenn der Mensch, der am Krieg teilgenommen hat noch lebt, lebt der Krieg noch in seiner Seele weiter.

domradio.de: Sprechen wir mal über die Hoffnung, wie realistische ist die Hoffnung auf Frieden im Land? 

Hruca: Natürlich pflegen wir die Hoffnung, nicht nur als Christen, sondern auch als einfache Menschen. Ich vergleiche die Situation in der Ukraine mit dem Frühling. Wir haben jetzt als Jahreszeit Frühling, und wir hoffen auf die Wärme und haben diese Frühlingshoffnung.  Gestern war es schon warm, aber man sagt, dass es heute wieder kalt wird, es kommen Wolken, der Wind, der Regen ist da, aber dann kommt irgendwann auch die Sonne wieder. So ist die Situation momentan. 

domradio.de: Unterstützt werden Sie im Land vom Hilfswerk Renovabis, in Rahmen dessen Pfingstaktion sind Sie auch in Köln. Welche Rolle spielt diese Hilfe für die Menschen in der Ukraine?

Hruca: Von  Anfang an spielt Renovabis eine große Rolle, denn das Hilfswerk unterstützt sehr viele Projekte karikativer, sozialer und spiritueller Art. Auch im Bereich Bildung setzt es sich ein. Ich selbst konnte als Student in Form eines zweijährigen Stipendiums eine Unterstützung von Renovabis bekommen. Ich habe dann mein Doktorandenstudium in Innsbruck absolviert. Mit Hilfe von Renovabis  wurde meine Dissertation in die ukrainische Sprache übersetzt und auch herausgegeben. So habe ich meine ganz persönliche Beziehung zu dieser Hilfsorganisation, durch die man auch die verschiedensten Menschen kennenlernt.  

Das Gespräch führte Milena Furman.


Volodymyr Hruca,Weihbischof von Lwiw im Westen der Ukraine / © Caroline Will (DR)
Volodymyr Hruca,Weihbischof von Lwiw im Westen der Ukraine / © Caroline Will ( DR )
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DR