Nicht zu unterschätzen sei auch die große Zahl von Menschen, die niemanden hätten. "Für die ist es ein Segen, dass sie Menschen treffen und mit ihnen reden", so Overbeck während der Soldatenwallfahrt in Lourdes. Deshalb fordere er in den Gemeinden, stets eine Suppe oder ein Frühstück anzubieten, so Overbeck.
Mit Blick auf die Zukunft müsse es das Ziel sein, in einer Messe möglichst viele Menschen zu versammeln, so der Bischof. Es dürften nicht so viele Messen gefeiert werden, "dass sie der Grund der Zerstreuung der Gläubigen sind, weil in jeder Messe ganz wenig sind".
Neuausrichtung der Katechese
Aufgrund der rückläufigen Kirchenmitgliedszahlen werde sich in der Zukunft ein solcher gemeinsamen Sonntagsgottesdienst durchsetzen. "Es tut allen gut zu wissen, wir sind viele. Und es tut allen gut, gemeinsam zu singen und zu beten."
Der Essener Bischof sprach sich auch für eine Neuausrichtung der Katechese aus. Diese sei aufgrund der Tradition sehr auf Kinder- und Jugendliche fokussiert. Katechese für Erwachsene und Alte gebe es kaum. "Wir erleben, dass wir dort fundamental neu anfangen müssen." Dafür habe er keinen genauen Weg. "Ich glaube, dass die Wege vielgestaltig sein werden." Dabei müsse sich die Kirche auch auf Neues einlassen.
Lebenskundlicher Unterricht ist wichtig
Einem ganz anderen Thema misst der Militärbischof am Samstag eine große Bedeutung zu: dem lebenskundlichen Unterrichts innerhalb der Bundeswehr. Dieser leiste einen nicht unwesentlichen Beitrag bei der inneren Führung von Menschen, sagte er. Deshalb werde er auch nicht müde zu betonen: "Haltet einen guten und wertvollen lebenskundlichen Unterricht und bietet ihn auch den Verantwortlichen in den Kasernen an". Der Unterricht dürfe nicht im Arbeitsalltag ausfallen und untergehen.
Der Bischof forderte auch dazu auf, sich genügend Zeit für diesen Unterricht zu nehmen, da er etwas mit dem großen Kontext von Halt, Verhalten und Haltung zu tun habe. "Wir können als Christen auch mit unserer langen Tradition und auch der Souveränität, die sich daraus ergibt, allen ein Angebot machen." Dieses Angebot dürfe aber keine Religionsstunde oder eine Form von Indoktrination sein, mahnte Overbeck. Diese Möglichkeit könne die Kirche den Menschen nur anbieten. "Wählen muss das jeder selber."
Keine Pauschalurteile
Angesichts der Debatte um den Fall eines terrorverdächtigen Bundeswehroberleutnants warb Overbeck für Vertrauen in die Arbeit der Bundeswehr. Sie werde in ein Licht gerückt, in das sie nicht hineingehöre. Pauschalverurteilungen lehne er ab. "Sie sind eine vertrauenswürdige und angesehene Armee und das gilt für sie alle", sagte er zu den Soldaten. Statt der bloßen Ausradierung von Geschichte sei ein differenzierteres Geschichts- und Traditionsverständnis notwendig.
Mit einer internationalen Feier in der Basilika Pius X. ist die 59. Soldatenwallfahrt nach Lourdes am Freitag eröffnet worden. Der französische Militärbischof Luc Ravel begrüßte die rund 12.000 Soldatinnen und Soldaten, die auf seine Einladung hin in den südfranzösischen Ort gekommen sind. In der unterirdischen Basilika entzündete Ravel die Wallfahrtskerze.
Bereits zuvor war das Internationale Zeltlager der Pilger durch den Bischof eröffnet worden. Daran nahmen Soldaten aus verschiedenen Nationen teil. In einer gemeinsamen Parade zogen die "Armeen der Länder" in die Kirche ein. Aus Deutschland nehmen 750 Soldatinnen und Soldaten an der seit 1958 jährlich stattfindenden Wallfahrt teil. Sie werden vom Militärbischof Franz-Josef Overbeck begleitet.