Man sei "geschockt und abgestoßen" vom Verhalten der Attentäter, deren "unhaltbares Handeln, den hohen Lehren des Islam widerspricht", hieß es in einer entsprechenden Erklärung des britischen Muslimrates (MCB) vom Montagabend. Daher werde man das Totengebet Salat al-Janaaza, bei dem um Vergebung für die Taten des Verstorbenen und seinen Eintritt in das Paradies gebetet wird, für die Attentäter nicht sprechen.
Die Imame fordern andere Muslime und religiöse Autoritäten auf, ihrem Beispiel zu folgen und den Tätern das Totengebet zu verweigern. Die Unterzeichner gehören Medienberichten zufolge verschiedenen Strömungen des Islam an. Man trauere mit den Opfern, ihren Angehörigen und weltweit allen Opfern von Terrorismus - unabhängig von ihrem Glauben, heißt es weiter. Die Terroristen versuchten vergeblich, die Gesellschaft zu spalten und genössen "weder die Legitimität noch Sympathie" der muslimischen Gemeinde. Sie seien "fehlgeleitet und weit entfernt von den Werten des muslimischen Glaubens".
Schweigeminute
Autoritäten aller Religionen verurteilten den Anschlag vom Samstagabend. Die Attentäter waren mit einem Kleinbus in eine Menschenmenge gefahren und hatten danach Bar- und Restaurantbesucher am Londoner Borough Market niedergestochen. Sieben Menschen kamen ums Leben, 47 weitere wurden zum Teil schwer verletzt.
Bei einer landesweiten Schweigeminute haben zahlreiche Menschen in Großbritannien der Opfer des Terroranschlags in London gedacht. In der Hauptstadt versammelten sich Trauernde bei strömenden Regen auch an einem der Tatorte, der London Bridge. Viele Menschen legten Blumen nieder, einige weinten. Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes und der Krankenhäuser versammelten sich geschlossen vor ihren Dienststellen. Die Flaggen in der Hauptstadt sollen bis zum Dienstagabend auf Halbmast bleiben.
Schon am Montagabend hatte es bei einer Mahnwache im Potters Fields Park in der Nähe des Londoner Rathauses eine Schweigeminute für die Opfer gegeben. Zahlreiche Menschen hatten Blumen am Rathaus niedergelegt.
Verdächtige wieder auf freiem Fuß
In der Nähe - auf der London Bridge und dem Borough Market - hatten drei mutmaßliche Islamisten am Samstagabend mindestens sieben Menschen getötet und Dutzende verletzt, darunter zwei Deutsche. Die Angreifer wurden von der Polizei erschossen. Die Behörden identifizierten zwei der mutmaßlichen Terroristen als Khuram Shazad Butt (27) und Rachid Redouane (30), beide wohnten im Ostlondoner Stadtteil Barking.
Alle Verdächtigen, die am Sonntag im Zusammenhang mit dem Anschlag festgenommen worden waren, wurden am Montag wieder auf freien Fuß gesetzt. Die insgesamt zwölf Männer und Frauen seien inzwischen alle ohne Anklage entlassen worden, teilte die Polizei am späten Montagabend mit. Zudem kümmerten sich Experten um die Hinterbliebenen der Todesopfer. Sie sorgten sich auch um die Familie einer Person, die als vermisst gilt.
"Wir werden sie besiegen"
Premierministerin Theresa May kündigte wenige Tage vor der Parlamentswahl an diesem Donnerstag an, den radikalen Islam aus der britischen Gesellschaft "auszurotten". Sie stellte einen Vier-Punkte-Plan vor, der sich mit aller Härte nicht nur gegen Terroristen, sondern gegen den radikalen Islamismus richtet.
"Wir müssen viel stärker daran arbeiten, ihn zu erkennen und ihn aus dem öffentlichen Dienst und der Gesellschaft auszurotten." Mit dem Begriff "öffentlicher Dienst" spricht May vermutlich das Schulwesen an. Es gebe "viel zuviel Toleranz für Extremismus in unserem Land", sagte sie. "Wir werden den Terroristen nicht erlauben, dass sie uns besiegen. Wir werden sie besiegen."
Schärfere Überwachung
May plant unter anderem eine schärfere Überwachung von Internet und Messengerdiensten. Auch längere Haftstrafen gehören zum Paket. Ihr Herausforderer Jeremy Corbyn von der Labour-Partei warf May vor, sie sei einst als Innenministerin selbst dafür verantwortlich gewesen, dass es heute 20 000 Polizisten weniger gebe als 2010.
Der Anschlag vom Samstagabend war das dritte Attentat binnen drei Monaten in Großbritannien und das zweite in London - alle drei hat der IS für sich in Anspruch genommen: In Manchester hatte im Mai ein Selbstmordattentäter nach einem Auftritt der US-Sängerin Ariana Grande 22 Menschen getötet. Ende März war ein Mann auf der Westminster-Brücke in London mit hohem Tempo in Fußgänger gefahren. Anschließend tötete er mit einem Messer einen unbewaffneten Polizisten. Sechs Menschen starben.