Fragen und Antworten zur Reform der Pflegeausbildung

Mehr Kompetenzen für Pflegekräfte

Der Bundestag hat am Donnerstag nach langem Streit eine Reform der Pflegeausbildung beschlossen. In der Branche und in den Bundestagsparteien war das Vorhaben umstritten. Hier finden Sie die wichtigsten Fakten der Reform.

Autor/in:
Christoph Arens
Pflegerin auf einer Palliativstation / © Harald Oppitz (dpa)
Pflegerin auf einer Palliativstation / © Harald Oppitz ( dpa )

Wie viele Ausbildungsstellen gibt es in der Pflege?

Nach Schätzungen gibt es rund 6.000 Ausbildungsplätze in der Kinderkrankenpflege und 130.000 in der Kranken- und Altenpflege. Fest steht, dass es schon heute einen Mangel an Pflegekräften, vor allem in der Altenpflege, gibt. Dort wird die Lücke auf rund 30.000 geschätzt. Auch in der Krankenpflege wird Personal gesucht, der Mangel ist aber nicht ganz so groß. Bis 2030 wird die Zahl der Pflegebedürftigen um die Hälfte auf knapp 3,5 Millionen Menschen steigen, 2050 werden es bereits 4,5 Millionen sein.

Was will die Bundesregierung mit ihrer Reform der Pflegeausbildung erreichen?

Der Beruf "Pflege" soll attraktiver gemacht werden. Pflegende sollen künftig leichter zwischen den unterschiedlichen Tätigkeitsbereichen wechseln können und Aufstiegsmöglichkeiten erhalten. Die neue Pflegeausbildung ist außerdem in der EU anerkannt. Zugleich reagiert die Reform auf die Einschätzung, dass sich die Tätigkeitsbereiche in Alten- und Krankenpflege in der alternden Gesellschaft immer mehr angleichen: In Heimen leben immer mehr Menschen mit chronischen Krankheiten und Mehrfacherkrankungen, die Krankenhäuser müssen sich um immer mehr ältere Patienten, auch mit Demenzerkrankungen, kümmern.

Wie wird die Ausbildung konkret gestaltet?

Durch die Reform werden die Ausbildungen in der Altenpflege, der Krankenpflege sowie der Kinderkrankenpflege zu einer neuen generalistischen Pflegeausbildung mit einheitlichem Berufsabschluss als "Pflegefachfrau"/"Pflegefachmann" zusammengeführt. Alle Schüler durchlaufen zunächst eine zweijährige "generalistischen" Phase, in der sie Kompetenzen zur Pflege von Menschen aller Altersgruppen und in allen Versorgungsbereichen vermittelt bekommen. Für das dritte Ausbildungsjahr können die künftigen Pflegefachleute dann zwischen Generalistik oder einer Spezialisierung in der Alten- oder Kinderkrankenpflege wählen. Eine Spezialisierung in der Krankenpflege gibt es nicht mehr.

Gibt es eine Zwischenprüfung?

Nach zwei Jahren Ausbildungszeit wird eine schulische Zwischenprüfung eingeführt. Den Ländern wird es so ermöglicht, die bis dahin erworbenen Fähigkeiten im Rahmen einer Pflegehelfer- oder -assistenzausbildung anzuerkennen. Das Bestehen der Zwischenprüfung ist aber keine Voraussetzung, um die Ausbildung weiterführen zu können.

Welcher Zeitplan ist vorgesehen?

Das Gesetz wurde unter erheblichem Zeitdruck in der letzten Sitzungswoche vor der Bundestagswahl verabschiedet. Deshalb konnte die Durchführungsverordnung, die die Ausbildungsinhalte festlegt, noch nicht beschlossen werden; damit muss sich das neue Parlament befassen. Experten befürchten, dass damit die Debatte über die Pflegeausbildung neu entbrennen wird. Das Pflegeberufegesetz gilt dann für alle Ausbildungen, die ab dem 1. Januar 2020 begonnen werden. Sechs Jahre später soll der Bundestag dann unter Berücksichtigung des Wahlverhaltens der Auszubildenden noch einmal entscheiden, ob die Spezialisierungsmöglichkeiten beibehalten werden oder ob es nur noch die generalistische Ausbildung gibt.

Was sind die Zugangsvoraussetzungen?

Zugang zur Pflegeausbildung haben alle Schüler mit einer zehnjährigen allgemeinen Schulbildung. Für Schüler mit einem 9-jährigen Hauptschulabschluss bietet die Pflegehelferinnen- und Pflegehelferausbildung beziehungsweise Pflegeassistenzausbildung einen Einstieg. Bei einer Entscheidung für eine darauf folgende weitergehende Ausbildung zur Pflegefachkraft erfolgt dann eine Anrechnung der Ausbildungszeit.

Was ändert sich bei der Finanzierung?

Anders als bisher in manchen Bundesländern soll die berufliche Pflegeausbildung kostenlos sein. Das Schulgeld wird abgeschafft, und es wird eine Ausbildungsvergütung gezahlt. Finanziert werden soll die Ausbildung über Landesausbildungsfonds. Alle bisherigen Kostenträger, darunter die Kassen und die Arbeitgeber, werden auch künftig an den Kosten beteiligt. Auch Betriebe, die nicht ausbilden, sollen zahlen.

Gibt es zusätzliche Aufgabengebiete für die künftigen Pflegefachleute?

Für alle Pflegefachkräfte werden Kompetenzen definiert, die ausschließlich von diesen aufgrund der dafür benötigten Qualifikation übernommen werden dürfen. Das gilt etwa für die Festlegung des individuellen Pflegebedarfs oder die Gestaltung und Steuerung des Pflegeprozesses.

Was bedeutet die Einführung eines Pflegestudiums?

Ergänzend zur Pflegeberufsausbildung wird es ein berufsqualifizierendes Pflegestudium geben. Es soll mindestens drei Jahre dauern. Damit sollen neue Karrieremöglichkeiten geschaffen und neue Zielgruppen angesprochen werden. Ziel ist es auch, neue wissenschaftliche Erkenntnisse besser in die Praxis zu übertragen. Eine erfolgreich abgeschlossene berufliche Pflegeausbildung soll das Pflegestudium um die Hälfte verkürzen.

Was sind die Einwände der Kritiker?

Sie befürchten, dass es bei einer generalistischen Ausbildung zu einer Verflachung der Ausbildungsinhalte kommt. Vertreter der Altenpflege befürchten zudem, dass viele Pflegekräfte künftig in die besser bezahlte Krankenpflege abwandern.


Quelle:
KNA