Parolin, zweithöchster Repräsentant des Heiligen Stuhls nach dem Papst, reist vom 20. bis 24. August zu einem offiziellen Besuch nach Moskau. Auf dem Programm stünden Gespräche mit Staatspräsident Wladimir Putin und dem russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill I., sagte Parolin der italienischen Zeitung "Corriere della Sera".
Als Hintergrund nannte der Chefdiplomat des Papstes die "Zunahme von Spannungen und Konflikten in verschiedenen Teilen der Welt". Für den Vatikan habe der Frieden eine "klare und unabdingbare Priorität".
"Zunahme der Spannungen verhindern"
Zum Verhältnis zwischen Russland und den USA sagte Parolin, er hoffe, dass beide Seiten "mit der nötigen Verantwortung zu handeln wissen, um eine Zunahme der Spannungen zu verhindern". Nötig sei dafür auch die Anerkennung "möglicher Fehler, die am Ursprung dieser Situation stehen könnten". Es wäre "dramatisch", wenn sich die Beziehungen weiter verschlechterten.
Weiter betonte der Kardinal, Osteuropa sei wichtig für die Stabilität und die Einheit des ganzen Kontinents. Die ideologischen Gegensätze des Kalten Kriegs verschwänden nicht von heute auf morgen. Angesichts der neuen geopolitischen Szenarien müsse man "jede Gelegenheit nutzen, um zu Respekt, Dialog und gegenseitiger Zusammenarbeit zu ermutigen". Parolin verwies auf seine Reisen nach Weißrussland, in den Kaukasus und die baltischen Staaten sowie in die Ukraine. Der Besuch in Russland komplettiere das Bild.
Treffen mit Kyrill I.
Parolin warnte erneut davor, National- und Partikularinteressen über das Gemeinwohl zu stellen. International müsse "nicht das Recht zur Macht, sondern die Macht des Rechts" gelten. Der Kardinal zitierte den Kirchenlehrer Augustinus (354-430): "Der größte Ruhmestitel ist der, den Krieg mit dem Wort zu töten."
Mit Blick auf die Lage im Nahen Osten, in Syrien und in der Ukraine sagte Parolin, die betreffenden Konflikte seien "Gegenstand der beständigen Aufmerksamkeit und Besorgnis des Heiligen Stuhls". Der Vatikan sei dort um Interventionen "gemäß seinem Wesen und seinen Möglichkeiten" bemüht.
Bei dem Treffen mit Kyrill I. und anderen Vertretern des Moskauer Patriarchats gehe es um mögliche gemeinsame Antworten der Kirchen auf die gegenwärtigen Herausforderungen. Auch solle die Begegnung einer "größeren Kenntnis, wechselseitiger Wertschätzung und Zusammenarbeit zwischen Katholiken und Orthodoxen" dienen. Die Vorbereitung einer möglichen Papstreise nach Russland sei kein Gegenstand seiner Visite, so Parolin.