domradio.de: Am heutigen Mittwoch ist Weltkindertag. Wie wichtig ist der Tag für Sie?
Prälat Klaus Krämer (Präsident des Kindermissionswerks): Der Weltkindertag betrifft uns sehr. Für uns ist es die Gelegenheit, einen Startschuss für die neue Aktion "Dreikönigssingen" zu setzen. Das Thema "Kinderrechte und Kinderarbeit" wird bei uns im Mittelpunkt stehen. Das ist auch genau das Thema, unter dem der Weltkindertag steht.
domradio.de: Kinderrechte und Kinderarbeit: Was beinhaltet dieses Thema?
Prälat Krämer: Wir haben weltweit etwa 160 Millionen Kinder, die mehrere Stunden am Tag arbeiten müssen - die Hälfte von ihnen unter schweren Bedingungen. Darauf wollen wir das Augenmerk lenken: Ausbeuterische Kinderarbeit verletzt die Rechte von Kindern. Kinder haben ein Recht auf Gesundheit und auch ein Recht darauf, zur Schule gehen zu können, damit sie hinterher auch wieder Chancen im Leben haben. Sie haben ein Recht auf Kindheit. Spielen bleibt Kindern, die arbeiten müssen, weitgehend verwehrt.
domradio.de: Jetzt könnte man hier in Deutschland sagen: Okay, das ist weit weg. Das findet irgendwo in anderen Ländern statt und hat nichts mit uns zu tun.
Prälat Krämer: Man muss immer genau hinschauen. Auch bei uns gibt es Situationen, wo Kinder nicht den Freiraum haben, den sie bräuchten. Aber wir sind eben auch für das verantwortlich, was in der Welt geschieht. Die Sternsinger sind die größte Aktion von Kindern für Kinder. Wir engagieren uns in vielen Projekten für solche Kinder, damit sie wirklich zu ihren Rechten kommen und nicht um ihre Kindheit betrogen werden.
domradio.de: Können Sie ein Beispiel nennen - ein Land oder ein Projekt, was Sie unterstützen?
Prälat Krämer: Das Beispielland der nächsten Aktion ist Indien. Ich war Anfang des Jahres in Indien und habe verschiedene Projekte besucht. Ich habe gesehen, wie Kinder in Webereien Teppiche knüpfen; wie sie unter ganz schwierigen Bedingungen auch Glasarbeiten verrichten und dabei gesundheitsschädliche Dämpfe einatmen. Es gibt in Indien auch Steinbrüche, in denen Kinder arbeiten müssen. Das ist so nicht tragbar. Aber wir haben Projektpartner, die sich dieser Kinder annehmen und schauen, dass sie aus dieser Situation herauskommen. Und dass ihre Familien - die Armut der Eltern ist ja häufig der Grund für Kinderarbeit - ein besseres Einkommen bekommen. Sie sollen wieder in normale Schulbildung eingegliedert werden. Das ist das ganz zentrale Anliegen bei diesen Projekten.
domradio.de: Sie helfen vor Ort und unterstützen Projekte, die diesen Kindern helfen. Aber es ist natürlich auch nötig, dass man politisch einwirkt. Und dass man Gesetze findet, die Kinderarbeit verbieten.
Prälat Krämer: Das Tragische ist, dass es diese Gesetze eigentlich gibt. Es gibt die Kinderschutzkonvention im internationalen Recht, auch ein Staat wie Indien ist diesen Konventionen beigetreten. Wir müssen eben darauf achten, dass diese Verpflichtungen auch eingehalten werden und die Regierung diesen Verpflichtungen nachkommt. Wir unterstützen vor Ort NGO’s und Gruppen, die das aufspüren und politisch anmahnen. Wir müssen das natürlich auch bei uns in Deutschland zum Gespräch machen, weil Deutschland ein wichtiges Land ist. Bei internationalen Gesprächen kann es diese Themen immer wieder zur Sprache bringen.
domradio.de: Und wer weiß, vielleicht haben wir ja doch mehr mit Kinderarbeit zu tun, als wir meinen. Wenn wir hier Produkte kaufen, können wir dann immer sicher sein, dass da nicht Kinderarbeit involviert war?
Prälat Krämer: Die Wirtschaft ist so verwoben, dass wir Teil einer Kette werden, ohne dass wir es wissen. Es gab große Aktionen, vor allem bei der Teppichproduktion, bei der viele Kinder mitarbeiten mussten. Es gibt mittlerweile Siegel, die zertifizieren, dass Produkte nicht aus Kinderarbeit stammen. Es macht also viel Sinn auf diese Siegel zu achten - und dann eben Produkte zu meiden, die diese Siegel nicht tragen.
domradio.de: Am kommenden Sonntag ist Bundestagswahl. Viel dreht sich um nationale Themen. Aber ist es nicht auch notwendig, die Politik an ihre internationale Verantwortung zu erinnern?
Prälat Krämer: Unser großes Anliegen als Hilfswerk ist, dass wir immer wieder diese Themen ansprechen. Und dass wir nicht nur auf unsere eigene Situation hier in Deutschland und Europa schauen, sondern auch sehen, dass wir Verantwortung tragen - für andere Länder und die Weltgemeinschaft insgesamt. Wir sind in einer globalen Schicksalsgemeinschaft und können uns nicht einfach wie auf einer Insel der Seligen fühlen. Und darauf immer wieder hinzuweisen, ist auch ein wichtiger Auftrag der Kirche.
domradio.de: Die Sternsinger-Aktion für 2018 rollt jetzt langsam an. Sie sind wahrscheinlich schon auf der Zielgeraden, das Organisatorische ist weitestgehend abgeschlossen. Freuen Sie sich auf die neue diesjährige Sternsinger-Aktion?
Prälat Krämer: Ich freue mich sehr. Das wird eine interessante Aktion. Wir haben jetzt die ersten Vorbereitungen abgeschlossen. Die Pakete mit den Materialien gehen in diesen Tagen in die Gemeinden. Wir werden nach einem ersten Startschuss bei dem Weltkindertag in Köln am nächsten Samstag in Hamburg einen Film mit Reporter Willi Weitzel zeigen. Er war in Indien, um die Situation arbeitender Kindern darzustellen. Das ist ein wichtiges Element für die Vorbereitung auf die Aktion. Ich freue mich auch sehr auf die bundesweite Eröffnung in Trier, die Messe mit dem Heiligen Vater am 1. Januar und die Empfänge in Berlin im Bundeskanzleramt und Bundespräsidialamt. Es wird wieder eine spannende, schöne und wichtige Aktion.
domradio.de: Und auch wieder ein Appell an alle Eltern und Kinder auch in diesem Jahr loszuziehen und mitzumachen?
Prälat Krämer: Ja, es ist die weltweit größte Aktion von Kindern für Kinder. Wir wollen dafür sorgen, dass es dabei bleibt. Deswegen fordere ich alle auf, mitzumachen und so einen Beitrag zu leisten, damit Kinder in dieser Welt besser leben können.
Das Gespräch führte Johannes Schröer.