In einem Interview mit der Zeitung "La Repubblica" (Donnerstag) sagte Tagle: "Dies ist eine Norm von Zivilisation, die ein reifes Land sich geben muss." Überhaupt sollten alle Gläubigen, "zumal wenn sie Politiker sind", den Fremden die Türen nicht verschließen, sondern öffnen.
"Da ist der Auftrag des Evangeliums klar: darauf nicht zu hören, bedeutet es zu verraten." Gefragt, was er den Regierungschefs der USA, Deutschlands oder Italiens raten würde, sagte Tagle: "Jeder (Mensch) bereichert die Gemeinschaft, die ihn aufnimmt."
Forderung sorgt für Aufsehen in Italien
Tagle, der Erzbischof von Manila ist und im Konklave von 2013 als Papstkandidat gehandelt wurde, äußerte sich nach der Eröffnung der Kampagne "Share the Journey" (Begleite den Weg), die der Dachverband der nationalen Caritasorganisationen am Mittwoch im Vatikan eröffnete. Das "Ius soli" (Recht des Bodens), also die Staatsbürgerschaft aufgrund des Geburtsortes, wird in Italien derzeit heftig diskutiert. Daher sorgt Tagles Forderung eines "Ius soli" in Italien für besonderes Aussehen.
Eine ähnliche Äußerung von Papst Franziskus Ende August in seiner Botschaft zum Tag der Migranten hatte heftigen Protest von Italiens Rechtsparteien provoziert. Seither hat der Papst seine Forderung zur Aufnahme von Migranten mehrfach mit der Mahnung zu einer "klugen" Politik verbunden, die den Zusammenhalt der Gesellschaft nicht gefährdet.
Die gegenwärtige Regierung sieht derzeit keine Chance für ein "Ius soli". Sie hofft auf die nächste Legislaturperiode, wie Maria Elena Boschi, Staatssekretärin beim Ministerpräsidenten, laut einem Bericht der "Repubblica" (Donnerstag) sagte.