Theologin Käßmann: Entwicklung im Christentum als Vorbild

"Hoffnung bei Konflikten im Islam"

Reformationsbotschafterin Margot Käßmann sieht in der Annäherung zwischen Katholiken und Protestanten in den vergangenen Jahrhunderten ein Hoffnungszeichen für andere interkonfessionelle Konflikte. Insbesondere beim Islam.

Halbmond als Symbol für den Islam / © Nabil Mounzer (dpa)
Halbmond als Symbol für den Islam / © Nabil Mounzer ( dpa )

Christen verschiedener Konfession hätten gelernt, ihre Konflikte gewaltfrei auszutragen und stärker das Verbindende als das Trennende zu sehen, sagte Käßmann in Brüssel.

Die heutige Ökumene sei deshalb "ein Hoffnungszeichen da, wo Religion heute zu Konflikten beiträgt und wo beispielsweise im Islam Schiiten und Sunniten sich so heftig bekämpfen", erklärte die Botschafterin der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) für das Reformationsjubiläum bei der Veranstaltung "Die Welt aus den Fugen - Orientierung dringend gesucht".

Beispiel Nordirland

Käßmann verwies auf den Dreißigjährigen Krieg und die Auseinandersetzungen zwischen Katholiken und Protestanten in Nordirland noch vor wenigen Jahrzehnten. Auch heute gebe es noch Katholiken und Protestanten, die im Dialog mit den jeweils anderen eine Abkehr von der eigenen Lehre sähen.

Generell sei Abgrenzung und Gewalt aber nicht unumgänglich. Es sei möglich, "die eigene Wahrheit gefunden zu haben und gleichzeitig zu respektieren, dass ein anderer Mensch eine andere Wahrheit über Gott gefunden hat".

Statt Konflikte zu schüren, könne Religion zum Frieden beitragen, erklärte die EKD-Botschafterin. Dazu seien auch Bündnisse über die Religionsgrenzen hinweg etwa zwischen Christen und Muslimen sinnvoll. "Am Ende werden es in allen Religionen die moderaten Kräfte sein müssen, die sich in den Dialog begeben, die sich verbünden", sagte Käßmann.

"Eine höhere Macht sollte eine gute sein"

Die Vizepräsidentin des Europaparlaments Mairead McGuinness sagte, Religionen könnten in der Praxis zu Konflikten und Krieg beitragen. Das entspreche ihnen aber eigentlich nicht. "Denn wenn wir an eine höhere Macht glauben, sollte dies eine gute sein", erklärte die irische Katholikin. Daher seien die Ideen von Respekt, Menschenwürde und Nächstenliebe den Religionen gemeinsam.

Am Dienstag feiert die evangelische Kirche 500 Jahre Reformation. 1517 hatte Martin Luther (1483-1546) seine 95 Thesen gegen die Missstände der Kirche seiner Zeit veröffentlicht, die er der Überlieferung nach am 31. Oktober an die Tür der Wittenberger Schlosskirche nagelte. Der Thesenanschlag gilt als Ausgangspunkt der weltweiten Reformation, die die Spaltung in evangelische und katholische Kirche zur Folge hatte.

 

Die Theologin Margot Käßmann / © Hendrik Schmidt (dpa)
Die Theologin Margot Käßmann / © Hendrik Schmidt ( dpa )
Quelle:
epd