Was wollte Martin Luther mit der Reformation?
Bis vor 500 Jahren gab es in Westeuropa nur eine Kirche, ihr Oberhaupt war der Papst. Von ihren Ursprüngen in der Zeit der Apostel hatte sie sich in Lehre und in Frömmigkeit an vielen Stellen weit entfernt. Manche Gelehrte, darunter der deutsche Mönch Martin Luther, wollten diese Kirche wieder zu ihrem eigentlichen Kern zurückführen ("reformieren").
Am 31. Oktober 1517 veröffentlichte er 95 Thesen. Er kritisierte darin unter anderem, dass die Kirche lehrte, man könne sich durch Erwerb eines päpstlichen Ablasses von Sündenstrafen loskaufen. Luther wollte zudem eine Rückbesinnung der Kirche auf das Evangelium. Deshalb übersetzte er die Bibel in zeitgemäßes Deutsch.
Was waren die Folgen?
Luther wollte eine Reform der Papst-Kirche. Doch als er auf erbitterten Widerstand bei Papst und Kaiser stieß, wurde seine Kritik radikaler. Luther wurde verfolgt, entkam aber mit Hilfe fürstlicher Verbündeter. Im Deutschen Reich entwickelte sich eine breite Umsturzbewegung, die von mehreren Landesfürsten unterstützt wurde.
Sie profitierten von der Auflösung von Klöstern und Bischofsbesitzungen und gewannen Macht und Reichtum. Die Gemeinden, die sich zu Luthers Lehre (in anderen Gebieten zur Lehre der Reformer Zwingli und Calvin) bekannten, bildeten allmählich eigene kirchliche Strukturen. Es entstanden mehrere reformierte "Konfessionen". Die Papst-Kirche war nun bloß noch eine von mehreren Kirchen, "katholisch" wurde eine Konfession.
Reformierte und Katholiken bekriegten einander, im Dreißigjährigen Krieg konnte sich trotz sechs Millionen Toten keine Seite durchsetzen. Seit 1648 (Westfälischer Friede) existieren katholische und protestantische Gebiete friedlich nebeneinander, seit dem 20. Jahrhundert vermischen sie sich.
Was ist im Aufbau der Kirche anders?
Anders als die Katholiken haben Protestanten kein weltweites Oberhaupt. In den einzelnen Kirchen entscheiden Synoden (Kirchenparlamente) über wichtige Sach-, Personal- und Finanzfragen. Auf allen Ebenen haben die Gläubigen mehr Rechte zur Mitentscheidung.
Kirche ist aus evangelischer Sicht überall da, wo das Evangelium in Wort und Tat verkündigt wird und die Sakramente in rechter Form verwaltet werden. Aus katholischer Sicht verwirklicht sich Kirche vollständig nur in der römisch-katholischen Kirche. Sie sieht ihre Bischöfe als Nachfolger der Apostel. Ihr Oberhaupt ist der Papst als Bischof von Rom als Nachfolger des Apostels Petrus.
Was bedeutet das für die Geistlichen?
In der katholischen Kirche können nur Männer zu Priestern geweiht werden, weil sie bei der Spendung der Sakramente als Stellvertreter Christi agieren, der ein Mann war. Römisch-katholische Priester dürfen nicht heiraten.
Bei den Protestanten - sie sehen die Priesterweihe nicht als Sakrament an - gibt es seit dem späten 20. Jahrhundert in vielen Ländern weibliche Geistliche, in manchen auch Bischöfinnen. Evangelische Pfarrer dürfen heiraten und Kinder haben.
In einigen Landeskirchen werden neuerdings auch homosexuelle Partnerschaften akzeptiert.
Warum gibt es Eucharistiefeier und Abendmahl?
Brot und Wein erinnern an das letzte Abendmahl Jesu mit seinen Jüngern. Bei den protestantischen Kirchen gibt es unterschiedliche Auffassungen, ob Christus bei der Feier des Abendmahls mit Brot und Wein real gegenwärtig ist oder ob das eher als Symbol verstanden wird.
Katholiken glauben, dass Hostien und Messwein in der Eucharistiefeier zu Leib und Blut Christi gewandelt werden und dass Jesus in ihnen tatsächlich präsent ist. Aus katholischer Sicht kann nur ein geweihter Priester die Eucharistie gültig feiern.
Warum ist das so kompliziert mit dem Abendmahl?
Evangelische Christen laden andere Christen zum Abendmahl ein. Für die katholische Kirche kann es Gemeinschaft am Altar erst dann geben, wenn es eine Einheit in Glauben und Lehre gibt.
Zur Kommunion sind daher nur Katholiken zugelassen sowie Mitglieder östlicher Kirchen, die eine ähnliche Sakramentenlehre haben. Katholiken dürfen nicht an protestantischen Abendmahlsfeiern teilnehmen, weil diese nach katholischer Auffassung ungültig sind.
Welche Unterschiede gibt es bei den Sakramenten?
Die evangelische Kirche kennt nur zwei Sakramente, nämlich Taufe und Abendmahl. Die katholische Kirche hat sieben Sakramente: zusätzlich zu Taufe und Eucharistie (Erstkommunion) noch Firmung, Beichte, Priesterweihe, Krankensalbung und die Ehe. Die katholische Kirche versteht die Ehe als eine lebenslange Gemeinschaft von Mann und Frau.
Daher ist nach einer zivilrechtlichen Scheidung eine kirchliche Wiederheirat nicht möglich. In der evangelischen Kirche ist die Ehe kein Sakrament, sondern eine weltliche Institution, die von der Kirche gesegnet werden kann.
Was heißt Ökumene?
Der Begriff stammt aus dem Griechischen und heißt wörtlich "die ganze bewohnte Erde". Gemeint sind die Bemühungen um die Einheit aller getrennten Christen. Im weiteren Sinne zählen dazu alle Formen der Zusammenarbeit von Christen unterschiedlicher Konfessionen.