Kardinal Woelki äußerte sich am Sonntag in Bonn anlässlich der Übergabe eines vom Erzbistum Köln erworbenen Flüchtlingsbootes an das Bonner Haus der Geschichte. Um das Sterben auf dem Mittelmeer zu beenden, brauche es für asylsuchende Menschen legale Wege nach Deutschland und Europa, sagte Woelki.
Es sei ein Einwanderungsgesetz notwendig, dass Menschen auf der Suche nach Arbeit und Zukunft Chancen eröffne, ohne damit Abwanderung in großem Ausmaß aus anderen Regionen der Welt auszulösen, die die dortigen Menschen vor neue Probleme stelle, so Woelki.
"Verheerendes Signal für den internationalen Flüchtlingsschutz"
Kritisch äußerte er sich zu Vorschlägen für das europäische Asylrecht. Änderungen, wonach zunächst geprüft werden solle, ob ein Drittstaat den Asylsuchenden aufnehmen könne, werde die Kirche nicht mittragen. "Von einer solchen Regelung ginge ein verheerendes Signal für den internationalen Flüchtlingsschutz aus." Zugleich rief der Erzbischof die künftigen Koalitionspartner auf, den Familienzuzug für in Deutschland anerkannte Flüchtlinge zu ermöglichen.
Der Erzbischof übergab in der Bonner Kirche St. Elisabeth dem Haus der Geschichte ein Flüchtlingsboot, das vor einigen Jahren bei einem Rettungseinsatz vor der maltesischen Küste beschlagnahmt worden war. Es werde nicht das letzte Boot mit schutzsuchenden Menschen sein, das sich auf die gefährliche Reise begebe, mahnte Woelki. "Zehntausende weitere werden sterben, wenn wir nicht jetzt etwas tun", so der Kölner Erzbischof, der die Politik zum Handeln aufrief.
Schleuser hatten in dem nur sieben Meter langen Boot versucht, knapp 100 Menschen über das Mittelmeer zu bringen. Das ehemalige Fischerboot war seit Mai 2016 in 14 Pfarrgemeinden, Schulen und anderen kirchlichen Einrichtungen ausgestellt worden. Den Abschluss bildete die Station in der Bonner Kirche St. Elisabeth. Das Erzbistum Köln hatte das 800 Kilo schwere Flüchtlingsboot an Fronleichnam 2016 auf dem Kölner Roncalliplatz als Altar genutzt und dann zunächst im Kölner Dom ausgestellt.
Klimawandel als Ursache von Migration und Vertreibung
Mit Blick auf den Klimawandel, der ebenfalls eine der Ursachen von Migration und Vertreibung ist, stellte Kardinal Woelki gemeinsam mit Dr. Martin Bröckelmann-Simon, Geschäftsführer von MISEREOR, Forderungen des kirchlichen Hilfswerks an die Bundesregierung und die internationale Gemeinschaft vor. "Klimawandel ist keine Bedrohung, er ist Realität", betonte Bröckelmann-Simon.
Weltweit seien allein im letzten Jahr 24 Millionen Menschen durch Naturkatastrophen zu Vertriebenen geworden. Schon jetzt hätten Menschen im Pazifik ihre untergehenden Inseln endgültig verlassen und anderenorts Zuflucht suchen müssen, so der Geschäftsführer von MISEREOR.
Bröckelmann-Simon erinnerte insbesondere die zukünftige Bundesregierung an ihre Verantwortung, vor allem im Energiesektor stärker als bisher Treibhausgasemissionen zu senken und andere Länder finanziell bei der Bewältigung und Anpassung an den Klimawandel zu unterstützen. Gemeinsam forderten Kardinal Woelki und Bröckelmann-Simon die Teilnehmer der am 6. November beginnenden Weltklimakonferenz auf, für den Schutz des Klimas zu kämpfen – sowohl in Deutschland als auch vor Ort in den Ländern des globalen Südens.
Neue Dauerausstellung im Hauses der Geschichte
Ab dem 12. Dezember wird das Flüchtlingsboot in der neuen Dauerausstellung des Hauses der Geschichte zu sehen sein. Die neu gestaltete Präsentation zur neueren deutschen Geschichte werde das Thema Migration stärker berücksichtigen, kündigte Museumsleiter Hans-Walter Hütter an. "Das Boot soll dort zur Diskussion anregen und zur Meinungsbildung beitragen."