Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, unterstrich am Sonntag in NDR Info, es seien auch so begrenzte Zahlen, dass ein Nachzug auch sehr gut verantwortbar sei. Zwar könne kein Land unbegrenzt Flüchtlinge aufnehmen. Doch wenn die Menschen nach Europa kämen, müsse Europa als Kontinent mit 500 Millionen Einwohnern "auch Teil sein der großen Solidarität weltweit", sagte der EKD-Ratsvorsitzende. Gerade zu Weihnachten verdienten alle Menschen in Not Aufmerksamkeit.
Auch Berlins katholischer Erzbischof Heiner Koch sprach sich für einen verbesserten Familiennachzug aus. Koch, der die Kommission Ehe und Familie der Deutschen Bischofskonferenz leitet, sagte dem Berliner "Tagesspiegel" (Sonntag). Er halte den Familiennachzug für Flüchtlinge für unbedingt notwendig. Am Freitagabend hatte das ARD-Hauptstadtstudio über ein richtungsweisendes Urteil zum Familiennachzug von minderjährigen Flüchtlingen berichtet.
Schwerer Verstoß gegen das Kindeswohl
Das Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts war demnach überraschend rechtskräftig geworden, weil das Auswärtige Amt eine bereits eingereichte Berufung zurückgezogen hatte. Konkret ging es um einen inzwischen 16-jährigen Flüchtling aus Syrien. Ihm sei nun umgehend der Nachzug seiner Eltern und Geschwister zu ermöglichen, so das Gericht, obwohl ihm nur der subsidiäre, also eingeschränkte, Schutz zuerkannt worden sei. Für diese Gruppe ist der Familiennachzug bis März 2018 ausgesetzt.
Der Jugendliche war dem ARD-Bericht zufolge im Sommer 2015 mit einem älteren Cousin nach Deutschland gekommen und hatte deutliche Anzeichen einer schweren Traumatisierung gezeigt. Sein Vormund hatte demnach mehr als zwei Jahre versucht, eine Härtefallentscheidung zu erwirken, wurde aber vom Auswärtigen Amt immer wieder abgewiesen. Die Richter erkannten darin nun einen schweren Verstoß gegen das Kindeswohl, so der Sender.
Erzbischof Koch räumte im "Tagesspiegel"-Interview ein, dass es natürlich Missbrauch geben könne, wenn ein Kind alleine losgeschickt werde, damit die Familie nachkommen kann. "Aber Integration ohne Familie wird nicht gelingen", fügte der Katholik hinzu. Dies gelte umso mehr angesichts der Bedeutung, die Familie in den Herkunftsländern der Menschen habe - "häufig eine viel höhere als bei uns". Koch sagte weiter: "Auch angesichts der Zahlen finde ich, ist das ein sehr kleiner Streit." Angesichts der stark gesunkenen Flüchtlingszahlen könne mit solchen Fragen "wieder gelassener" umgegangen werden, sagte der Berliner Erzbischof.
