Papst Franziskus fordert mehr Einsatz für "neues Chile"

"Hände für den Frieden schmutzig machen"

Papst Franziskus hat auf seiner Südamerikareise die erste große Messe gefeiert. Dabei rief er die Chilenen zum friedvollen Aufbau ihres Landes auf. Zum Gottesdienst waren auch viele Pilger aus anderen Ländern Lateinamerikas angereist.

Papst Franziskus leitet Eucharistiefeier im O'Higgins Park in Santiago / © Leonardo Rubilar (dpa)
Papst Franziskus leitet Eucharistiefeier im O'Higgins Park in Santiago / © Leonardo Rubilar ( dpa )

"Selig seid ihr, die ihr (...) kämpft und arbeitet für dieses neue Chile", sagte er am Dienstagvormittag (Ortszeit) in einem Gottesdienst vor rund 400.000 Menschen in Santiago mit Verweis auf die Bergpredigt Jesu. Es gelte, sich "die Hände schmutzig zu machen und dafür zu arbeiten, dass andere in Frieden leben können".

In seiner Predigt im O'Higgins-Park zitierte Franziskus auch den früheren Erzbischof von Santiago, Kardinal Raul Silva (1907-1999): "Wenn du den Frieden willst, arbeite für die Gerechtigkeit." Dafür gab es spontanen Applaus. Gerechtigkeit aber sei mehr als die Aufforderung, nicht zu stehlen, sondern verlange, "dass jeder Mensch als Mensch behandelt wird".

Damit könne man Frieden quasi "auf einen Schlag säen", so Franziskus, und zwar "durch Nähe, durch Verbundenheit". Dabei wüssten "die Arbeiter des Friedens", dass sie oftmals "große oder subtile Engherzigkeit oder Machtstreben" zu überwinden hätten. Gleichzeitig kritisierte Franziskus in seiner Predigt Resignation und lähmende Bewegungslosigkeit sowie Flucht vor Problemen.

Viele Pilgergruppen aus anderen Ländern

Der Gottesdienst in Chiles zweitgrößtem öffentlichen Park im Zentrum der Hauptstadt war die erste große Messe des Papstes bei seinem aktuellen Lateinamerika-Besuch. Dazu waren teils beträchtliche Pilgergruppen auch aus anderen Ländern Lateinamerikas angereist. Viele Menschen hatten seit den ersten Stunden des Tages gewartet oder gar auf dem Gelände übernachtet.

Während der Messe trugen auch Vertreter unterschiedlicher Volksgruppen in ihren Trachten Gaben zum Altar. Der Gottesdienst war die erste Papstmesse seit der Seligsprechung der in Chile verehrten Teresa de Jesus des los Andes (1900-1920) an gleicher Stelle durch Papst Johannes Paul II. (1978-2005) im Jahr 1987.

Papst an Chiles Politiker: Ureinwohner und Jugendliche hören

Zuvor hatte Papst Franziskus Chiles scheidende und künftige Regierung aufgefordert, sich stärker für die Jugend und die indigenen Völker des Landes einzusetzen. Sie sollten dafür arbeiten, dass Demokratie keine Formalie bleibe, sondern zu einem Ort werde, an dem "alle ohne Ausnahme" mitbauen könnten, sagte der Papst am Dienstagmorgen (Ortszeit) in der Hauptstadt Santiago vor Regierungsvertretern und Diplomaten. Die Zukunft des Landes liege "großenteils in der Fähigkeit zum Zuhören".

Besonders Arbeitslose, indigene Völker, Migranten sowie Junge und Alte müssten gehört werden. Gerade die alteingesessenen Völker seien "oft vernachlässigt" worden. "Ihre Rechte müssen beachtet und ihre Kultur geschützt werden, damit nicht ein Teil der Identität und des Reichtums dieser Nation verloren geht", führte der Papst aus. Zuvor war er vor dem Präsidentenpalast La Moneda von der noch amtierenden Staatspräsidentin Michelle Bachelet empfangen worden.

Mit Blick auf Ökologie und nachhaltige Entwicklung sagte Franziskus, von der Weisheit der alteingesessenen Völker könne man lernen, "dass es keine Entwicklung für ein Volk gibt, das der Erde und allem und allen, die sie umgeben, den Rücken kehrt". In Chile kommt es immer wieder zu teils gewaltsamen Konflikten zwischen den stark ökologisch ausgerichteten Indigenen und Wirtschaftsinteressen in- und ausländischer Unternehmen.

Der Papst mahnte die Verantwortlichen zudem, jungen Menschen bessere Bildungschancen zu ermöglichen. Das chilenische Bildungssystem, das zumeist Kindern reicher Familien zugute kommt, steht seit langem in der Kritik.

Vor seiner Rede hatte Franziskus neben der scheidenden Präsidentin Bachelet auch ihren gewählten Nachfolger Sebastian Pinera persönlich begrüßt. In seiner Ansprache sagte er, die jüngsten Wahlen hätten "Festigkeit und die gesellschaftliche Reife" des Landes gezeigt. Der Papst erinnerte auch an die dunklen Zeiten in der Geschichte Chiles, das im Februar 200 Jahre staatlicher Unabhängigkeit feiert. Soziale und politische Erfolge seien nie selbstverständlich, sondern müssten stets neu errungen werden.


Quelle:
KNA