Zurückgekehrte Christen in der irakischen Ninive-Ebene berichten auch nach der Vertreibung der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) von Drangsalierungen durch Muslime. Wie die Stiftung "Pro Oriente" am Montag in Wien mitteilte, versuchen schiitisch geprägte "Volksbefreiungsmilizen" mit Unterstützung von Bagdader Regierungskreisen die multireligiöse und multiethnische Zusammensetzung der Bevölkerung der Ninive-Ebene zum Nachteil der Christen zu verändern. Diesbezügliche Aktivitäten seien von Khalil Jamal Alber, dem Leiter der christlichen Abteilung im kurdischen Stiftungsministerium, gemeldet worden.
Einschüchterungsversuche und illegale Aneignung
Demnach werden Schiiten aus dem Südirak in die Nineve-Ebene umgesiedelt. Es gebe Einschüchterungsversuche gegen christliche Einwohner sowie illegale Aneignung von Immobilien christlicher Familien. Beteiligt daran seien auch Shabak-Kämpfer – eine synkretistische Gruppierung in Mesopotamien. Außerdem wolle man Christen, die vor dem Vormarsch des IS geflohen waren, dazu bringen, ihre Häuser zu verkaufen, um eine Rückkehr in die Ninive-Ebene definitiv auszuschließen.
Die Befürchtungen über Versuche zur Veränderung der multireligiösen, aber deutlich christlich geprägten Struktur der Bevölkerung der Ninive-Ebene haben laut "Pro Oriente" auch im chaldäisch-katholischen Patriarchat Sorge ausgelöst. Der Provinzrat der Ninive-Ebene habe allerdings versichert, die Bevölkerungsstruktur erhalten zu wollen. Dazu trage auch das Engagement vieler Organisationen bei, die christlichen Familien bei der Rückkehr helfen.
Verteilung von Hilfsgeldern
Im Hintergrund des Tauziehens um die Ninive-Ebene dürfte auch die Verteilung der Hilfsgelder stehen, über die ab 12. Februar in Kuwait eine Internationale Konferenz für den Wiederaufbau des Irak entscheidet. Die USA wollten mindestens 75 Millionen Dollar (60,2 Millionen Euro) für den Wiederaufbau von Wohnungen und Infrastruktur in der befreiten Ninive-Ebene bereitstellen, bekräftigte der US-Botschafter in Bagdad, Douglas Seelman, im Gespräch mit dem Nachrichtenportal "ankawa.com". Washington wolle vor allem christlichen und jesidischen Flüchtlingen helfen, in ihre Heimatorte zurückzukehren.