Neben einer Reihe von Luftangriffen seien in der Nacht zum Samstag mindestens 140 Raketen in der belagerten Region östlich der Hauptstadt Damaskus niedergegangen, berichtete die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Es seien mindestens drei Zivilisten getötet und zwölf verletzt worden.
Schlimmste Angriffswelle seit Kriegsbeginn
Das Gebiet nahe Damaskus erlebt die schlimmste Angriffswelle seit Beginn des Bürgerkriegs vor fast sieben Jahren. Seit Sonntagabend wurden mehr als 470 Zivilisten getötet, darunter etwa 100 Kinder, wie die Beobachtungsstelle weiter meldete. Mehr als 2200 Menschen seien verletzt worden.
Der UN-Sicherheitsrat hatte eine Abstimmung über eine mögliche Waffenruhe in Syrien am Freitagabend erneut verschoben. Der Rat will an diesem Samstag ab 18 Uhr (MEZ) über eine entsprechende Resolution abstimmen. Diese sieht eine dreißigtägige Feuerpause in Ost-Ghuta vor, wo Hunderttausende Zivilisten unter einem Dauerbombardement der syrischen Armee leiden. Eine Einigung scheitert bislang an der Weigerung Russlands, das im Sicherheitsrat ein Vetorecht hat.
Ursprünglich hatte der Sicherheitsrat bereits am Donnerstag über die Resolution entscheiden wollen. Trotz stundenlanger Verhandlungen über russische Änderungswünsche konnten die Vertreter der 15 Mitgliedsstaaten sich am Freitag in New York nicht auf eine beschlussfähige Fassung einigen. Ob eine Einigung am Samstag möglich sein würde, blieb offen. Kritiker werfen Russland vor, auf Zeit zu spielen.
Reaktionen auf verschobene Abstimmung
Die katholischen Bischöfe in Deutschland haben in ihrer Abschlusspressekonferenz in Ingolstadt an die internationale Gemeinschaft appelliert, eine humanitäre Katastrophe in Syrien abzuwenden. Man müsse Hilfslieferungen und einen Waffenstillstand ermöglichen.
Caritas International beschrieb die aktuelle Situation in Syrien als "extrem angespannt". Für viele Menschen gehe es "rein ums Überleben", sagte die Syrien-Referentin der Hilfsorganisation, Angela Gärtner. Der Winter verschärfe die Lage zusätzlich. Noch Mitte des vergangenen Jahres sei die Hoffnung gewachsen, dass es im Land ruhiger werde. "Und jetzt realisieren alle, dass sich die Situation extrem verschlimmert hat, dass viele Leute erneut flüchten mussten." Das Elend der Zivilbevölkerung nehme kein Ende, so Gärtner.
US-Präsident Donald Trump verurteilte Russlands Vorgehen am Freitag als Schande. Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron wandten sich in einem gemeinsamen Brief an Russlands Präsident Wladimir Putin und riefen Russland zu Unterstützung im Sicherheitsrat auf. Auch mehrere hochrangige UN-Diplomaten forderten eine sofortige Waffenruhe in Ost-Ghuta, um Notleidende zu versorgen und Verletzte und Zivilisten aus der belagerten Stadt zu bringen.
Viele Mächte in Syrien involviert
In Ost-Ghuta sind etwa 400.000 Menschen von der syrischen Armee eingekesselt. Bei den massiven Bombardements sind in dieser Woche nach Angaben der syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte mindestens 462 Bewohner getötet worden. Bilder aus Ost-Ghuta zeigen eine Trümmerlandschaft. Die UN fordern Zugang für Hilfskonvois und einen Fluchtkorridor für Zivilisten.
In Syrien kämpfen das Assad-Regime, Rebellen und Terrormilizen um die Macht. Neben Russland stehen iranische und andere Milizen auf der Seite Assads. Ferner geht die Türkei gegen kurdische Verbände vor.Seit 2011 wurden Hunderttausende Menschen getötet. Sechs Millionen Syrer sind im eigenen Land auf der Flucht, 5,5 Millionen im Ausland.