Geht es nach Kardinal Ricardo Ezzati, dann gibt es für die der Vertuschung beschuldigten Bischöfe in Chile keine andere Wahl mehr. Wer schwere Fehler begangen habe, müsse diese eingestehen, Reue zeigen und den entstandenen Schaden reparieren, so der Erzbischof von Santiago de Chile laut chilenischen Medienberichten (Donnerstag Ortszeit).
Vor allem für den im Zentrum des Missbrauchsskandals stehenden Bischof Juan Barros von Osorno hat Ezzati eine klare Botschaft: Er müsse "ohne Zweifel einen Schritt zur Seite treten - zum Wohl des Volkes Gottes". Eine klare Schuldzuweisung vermied Ezzati allerdings. Er sei kein Richter, um zu sagen, ob Barros etwas vertuscht habe oder nicht.
Barros meldet sich krank
Barros selbst setzt die Lage offenbar mehr und mehr zu. Am Donnerstagabend teilte das Bistum Osorno mit, dass der Bischof "mit einigen gesundheitlichen Problemen" zu kämpfen habe. Er stehe aber weiter für die Orientierungen des Heiligen Vaters zur Verfügung und bedanke sich für das Verständnis und die Gebete. Barros wird vorgeworfen, in den 80er Jahren als junger Mann Zeuge von Missbrauchshandlungen durch den Priester Fernando Karadima geworden zu sein und dazu geschwiegen zu haben.
Der turbulente Tag hatte zunächst damit begonnen, dass Ezzati seine Amtsbrüder zur gemeinsamen Lektüre des Papstbriefes von vor einer Woche nach Santiago bat. In der Pressekonferenz folgte dann eine deutliche - und erstmalige - Distanzierung von den betroffenen Bischöfen.
Bischof Koljatic stellte Rücktritt in Aussicht
"Die Reaktion Ezzatis kommt spät, sehr spät", erklärte die Laienorganisation von Osorno, die seit fast zwei Jahren gegen Barros demonstriert - ohne von der chilenischen Kirche ernstgenommen oder angehört worden zu sein. Nun also der Kurswechsel: keine Rückendeckung mehr für die beschuldigten Bischöfe, sondern eine klare Rücktrittsforderung. "Es ist bedauerlich, dass einige den Heiligen Vater betrogen haben", sagte Ezzati bei der Pressekonferenz - und offenbart damit den offenen Bruch innerhalb der Bischofskonferenz.
Bereits am Mittwoch hatte einer der Vertuschung von Missbrauchsfällen beschuldigten Bischöfe seinen Rücktritt in Aussicht gestellt. Er werde von seinem Amt zurücktreten, wenn ihn der Papst zum Wohl der Kirche darum bitte, so Bischof Tomislav Koljatic aus Linares. Zugleich erklärte er, es seien nie konkrete Vorwürfe gegen ihn erhoben worden, noch sei er irgendeines Vergehens angeklagt worden.
Brief von Franziskus
Papst Franziskus hatte in vergangenen Woche einen mehrseitigen Brief an Chiles Bischöfe geschrieben. Darin bittet er um Entschuldigung für seine falsche Einschätzung des Missbrauchsskandals. Gleichzeitig zitiert er die 32 Bischöfe des Landes in den Vatikan, um mit ihnen die Vorfälle aufzuarbeiten. Als Termin ist der 14. bis 17. Mai vorgesehen. Schwer vorstellbar, dass dann auch die umstrittenen vier Bischöfe im Flugzeug nach Rom sitzen.
Zuvor hatte Franziskus im Anschluss an seine Chile-Reise im Januar einen Sonderermittler, Erzbischof Charles Scicluna, in das südamerikanische Land geschickt, um die von Opfern und Laienorganisationen erhobenen Vorwürfen überprüfen zu lassen. Sciclunas Bericht sorgte für die Kehrtwende, erst beim Papst und nun auch in Santiago. Ende April will Franziskus zudem drei Missbrauchsopfer treffen, um sich persönlich zu entschuldigen.