Das teilte der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), Melchior Wathelet, am Donnerstag in Luxemburg mit. Die Anforderung, dass ein katholischer Chefarzt den "heiligen und unauflöslichen Charakter" der Ehe nach dem Verständnis der katholischen Kirche beachte, stelle keine "echte berufliche Anforderung" dar, heißt es in den Schlussanträgen.
Keine Anwendung
Das Urteil wird in den kommenden Wochen erwartet. Die Schlussanträge sind richtungsweisend, jedoch nicht bindend für die Richter. Wathelet begründet seine Auslegung damit, dass das Eheverständnis des Chefarztes in keinem Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit, der Erbringung von Gesundheits- und Pflegediensten für Kranke, stehe.
Deshalb könne die Zustimmung zu einer bestimmten Überzeugung der katholischen Kirche nicht als "wesentliche und gerechtfertigte berufliche Anforderung" gesehen werden. Wenn es dem Bundesarbeitsgericht nicht möglich sei, das nationale Recht im Sinne des EU-Diskriminierungsverbots wegen Religion auszulegen, müsse es in diesem Fall unangewendet bleiben, so der Generalanwalt.
Gleichbehandlungsgrundsatz der EU
Geklagt hatte ein katholischer Arzt, der 2009 von einem katholischen Krankenhaus in Düsseldorf gekündigt wurde, weil er nach der Scheidung wieder standesamtlich geheiratet hatte, ohne seine erste Ehe annullieren zu lassen. Er argumentiert, die Kündigung verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz der EU. Schließlich führe eine Wiederheirat bei evangelischen Chefärzten nach dem katholischen Arbeitsrecht nicht zu arbeitsrechtlichen Konsequenzen.
Das Bundesarbeitsgericht will nun vom EuGH wissen, ob Kirchen bei ihren Loyalitätsanforderungen gegenüber leitenden Angestellten zwischen katholischen, andersgläubigen und konfessionslosen Arbeitnehmern unterscheiden dürfen.