Kardinal Arborelius redet über Ad-Limina-Besuch und Ökumene

"Viele Anliegen, die wir mit dem Papst teilen"

Die Bischöfe Nordeuropas weilen für Gespräche mit dem Papst und der Kurie eine Woche lang in Rom, unter ihnen auch Lars Anders Kardinal Arborelius. Ein Thema sei die Flüchtlingsfrage, sagt Nordeuropas einziger Kardinal im Interview.

Kardinal Lars Anders Arborelius / © Julia Rathke (KNA)
Kardinal Lars Anders Arborelius / © Julia Rathke ( KNA )

DOMRADIO.DE: Sie sind im Moment auf Ad-Limina-Besuch mit der nordischen Bischofskonferenz. Was haben Sie mit dem Heiligen Vater besprochen?

Lars Anders Kardinal Arborelius (Bischof von Stockholm): Wir können natürlich nicht alles preisgeben, aber wir haben mit dem Heiligen Vater seine großen Anliegen besprochen. Er setzt sich sehr für Migranten und Flüchtlinge ein und hat auch unsere Länder im Norden immer sehr bewundert. 

Auch bei uns ändert sich die Situation durch den Populismus. Auch dort wird es schwieriger, Flüchtlinge und Migranten zu empfangen.

Aber immerhin: Die nordischen Länder sind Länder, wo die Kirche gewachsen ist, dank der Immigration. Für uns ist es also sehr wichtig, das mit dem Heiligen Vater zu thematisieren. Das gilt insbesondere, da wir in Schweden sehr viele Christen aus dem Mittleren Osten haben.

Ein Lächeln im Gesicht  / © Paul Haring (KNA)
Ein Lächeln im Gesicht / © Paul Haring ( KNA )

DOMRADIO.DE: Warum 

ist die Situation der Flüchtlinge und Migranten problematischer geworden?

Kardinal Arborelius: Es gibt in Europa ja überall eine neue, nationalistische Bewegung. Diese Gruppen, die mehr und mehr Einfluss bekommen auch in den anderen Parteien, können es nicht leiden, dass neue Menschen kommen. 

Das ist für die Kirche sehr traurig, denn die Kirche hat die Immigranten und Einwanderer immer willkommen heißen wollen.

DOMRADIO.DE: Was kann die katholische Kirche im Norden tun, um den Flüchtlingen und Migranten zu helfen?

Kardinal Arborelius: Wir sind eine kleine Kirche, aber wir versuchen alle Menschen in unseren Ländern gut zu empfangen. Vielleicht können unsere Länder auch dazu beitragen, dass der Frieden in den Mittleren Osten zurückkehrt. 

Das ist unsere Hoffnung, vor allem, wenn wir mit unseren Politikern sprechen und sie bitten, dass sie sich mehr einsetzen für den Frieden in der Welt.

DOMRADIO.DE: Dabei befinden sich die Katholiken in der Diaspora des Nordens und sind nur eine Minderheit. Wie kann sie es trotzdem schaffen, den Menschen zu helfen?

Kardinal Arborelius: Unsere pastorale Herausforderung ist es, die Menschen zu finden, die nach Schweden kommen. Das kann sehr schwierig sein, denn wir sind nicht überall anwesend. Manchmal bekommen wir Hilfe von anderen Kirchengemeinschaften, die auch sehr willkommensheißend sind und den Menschen helfen.

Aber die meisten von uns in Schweden kommen aus anderen Ländern. Und das ist natürlich auch eine Herausforderung. Wir haben nicht wie in Deutschland viele einheimische Katholiken, mit denen man sich integrieren könnte.

Deswegen ist es so, dass sich die schwedischen Katholiken mit den anderen integrieren müssen. Das ist etwas Wichtiges: Die Integration muss von zwei Seiten kommen. Man kann nicht nur den Neuen sagen: 'Ihr müsst euch anpassen!' Wir müssen uns alle aneinander anpassen. 

Und das ist vielleicht einfacher für uns, weil wir eine Minderheit sind. Wir sind es mehr gewohnt, dass die Priester keine Schweden sind, in Deutschland ist es ja umgekehrt. In dem Sinne ist es vielleicht einfacher für uns, sich an die neue Situation anzupassen.

DOMRADIO.DE: Welchen Impuls nehmen Sie sich da vom Heiligen Vater mit nach Hause?

Kardinal Arborelius: Es ist wichtig, die persönliche Botschaft des Heiligen Vaters aufzunehmen. Wir haben mit ihm am Herz-Jesu-Freitag die Messe in Santa Marta gefeiert. 

Da hat er sehr schön über die Liebe Gottes gesprochen und dass die Menschen von der unendlichen Liebe Gottes umfasst sind und darin Halt finden können.

DOMRADIO.DE: Gibt es etwas, dass Sie in den Begegnungen mit dem Papst überrascht hat?

Kardinal Arborelius: Er war ganz persönlich und hat gesagt: Sie können ganz offen mit mir sprechen und sich auch kritisch äußern. Hier ist es erlaubt, den Papst zu kritisieren, aber nicht außerhalb dieses Zimmers. Das hat er aber im Scherz gesagt. Es war ein sehr offenes und auch gemütliches Gespräch.

DOMRADIO.DE: Diese Woche wird insbesondere ein Brief der Glaubenskongregation an die deutsche Bischofskonferenz diskutiert, in dem eine Handreichung zum Kommunionempfang evangelischer Ehepartner vorerst abgelehnt wird. 

Sie waren selbst einmal evangelisch und sitzen jetzt als Kardinal im päpstlichen Ökumene-Rat: Welche Bedeutung spielt diese Diskussion für Sie und die Christen im Norden?

Kardinal Arborelius: Es verwundert mich, dass das Thema nicht so viel diskutiert wird. Wir haben viele Mischehen in Schweden. Die meisten Katholiken sind aber mit nicht praktizierenden Protestanten verheiratet. 

Es ist also keine große Frage bei uns. Natürlich gibt es evangelische Christen, die gerne zur Kommunion gehen würden, aber die meisten sind säkular. 

Das Ideal wäre natürlich, dass die ganze Kirche zu einer gemeinsamen Lösung kommen könnte, denn es ist ja schwierig: in einem Land ist es so, in dem anderen nicht. Hoffentlich werden wir also einmal mit der ganzen Kirche zu einer gemeinsamen Lösung kommen.

DOMRADIO.DE: Sie haben gerade Messe gefeiert in Ihrer Titularkirche Santa Maria degli Angeli in Rom. Was ist das für ein Gefühl, in Ihrer eigenen römischen Kirche zu zelebrieren?

Kardinal Arborelius: Man könnte sagen, dies ist mein Zuhause in Rom. Als Kardinal ist man auf besondere Weise mit Rom, mit Petrus, dem Heiligen Stuhl verbunden. Und darum hat jeder Kardinal das Privileg einer eigenen Kirche in Rom. Irgendwie fühle ich mich hier zu Hause, das ist eine eigentümliche, aber schöne Erfahrung.

DOMRADIO.DE: Dabei ist das eine Gemeinde, die sich auch sozial sehr einsetzt. Was bedeutet das für Sie?

Kardinal Arborelius: Man versucht hier, die soziale Lehre der Kirche wirklich zu leben. Hier wird den Menschen geholfen, die in Not sind, und das ist eine prophetische Botschaft für die ganze Kirche. Wir müssen uns mehr um die Notleidenden kümmern.

Das Gespräch führten Renardo Schlegelmilch und Marion Sendker.

Ad-limina-Besuch

Alle fünf bis sieben Jahre sind die katholischen Bischöfe aus aller Welt laut dem Kirchenrecht zu einem sogenannten Ad-limina-Besuch im Vatikan verpflichtet. Zweck ist es, dass die Bischöfe eines Landes den Papst über die jeweilige Situation in ihren Diözesen informieren.

Deutsche Bischöfe / © Julia Steinbrecht (KNA)
Deutsche Bischöfe / © Julia Steinbrecht ( KNA )
Quelle:
DR