domradio.de: Schweden hat nur ein Prozent Katholiken, die Hälfte davon sind Einwanderer. Was bedeutet das für die Diaspora-Kirche, dass Sie nun zum ersten schwedischen Kardinal ernannt wurden?
Anders Kardinal Arborelius (Bischof von Stockholm): Ich habe den Eindruck, dass die Gläubigen sehr froh sind. Sie fühlen sich als gleichberechtigte Schweden anerkannt, auch wenn sie aus anderen Ländern kommen. Ich denke es ist sehr wichtig, dass wir nicht nur als eine kleine Minderheit außerhalb der Gesellschaft leben, sondern dass wir unsere Stimme erheben, auch wenn man nicht alles akzeptiert, was wir sagen. Ich habe den Eindruck, dass auch die Medien sehr interessiert und offen sind. Ich hoffe, dass das nun für unsere Kirche eine neue und bessere Zukunft wird.
domradio.de: Das heißt, dass auch die Nicht-Katholiken in Schweden daran Interesse zeigen, dass Sie nun zum Kardinal ernannt wurden?
Kardinal Arborelius: Ich habe den Eindruck, dass gewöhnliche Menschen das gut akzeptieren. Man spricht im Moment sehr viel darüber. Natürlich nicht von den öffentlichen Stellen der Gesellschaft. Für den Normal-Menschen ist das aber sehr interessant. Man ist neugierig.
domradio.de: Denken Sie, dass sich dadurch auch die Stellung Schwedens in der Weltkirche ändern wird?
Kardinal Arborelius: Vielleicht wird man sich mehr für uns interessieren. Wir leben in einem sehr säkularen Land, und doch sind wir eine Kirche, die wächst. Meistens durch Einwanderung, aber auch durch Konvertierungen. Diese kleine Kirche ist deshalb ein Sonderfall in Europa, wo die Kirche sonst eher schwächer wird. Hier in Nordeuropa wächst die Kirche dank der Emigration. Das ist wichtig, denke ich, auch für Europa, wo vielen ein wenig bange ist durch die Flüchtlinge.
domradio.de: Regelmäßig müssen Sie neue Kirchen bauen oder kaufen sogar Gebäude. Was bedeutet das denn für die schwedische Kirche, dass so viele Menschen von außen kommen?
Kardinal Arborelius: Schon immer nach dem zweiten Weltkrieg waren wir eine Kirche der Einwanderer. Durch die ganze Geschichte sind viele Gruppen zu uns gekommen. Das ist eigentlich nichts Neues. Neu ist aber, dass wir nun als Kirche etablierter sind. Wir haben jetzt die Möglichkeit, Kirchen zu bauen und zu erwerben. Auch ökumenisch werden wir gut akzeptiert. Unsere Situation hat sich also sehr verbessert. Ich denke, dass die Kardinalsernennung für die Gläubigen in Schweden eine Bestätigung ist, dass wir eine kleine, aber lebendige Kirche sind. Unsere Aufgabe ist es, auch hier im Land die frohe Botschaft zu vermitteln, an Menschen, die Gott anders nicht kennen würden.
domradio.de: Wie auch Deutschland nimmt Schweden viele Flüchtlinge auf, darunter auch viele Christen. In Deutschland haben wir ein großes Problem mit Fremdenfeindlichkeit. Wie sieht das in Schweden aus?
Kardinal Arborelius: Diese Bewegung gibt es natürlich auch bei uns, das ist beinahe nicht zu vermeiden. Das ist natürlich traurig. Wir müssen aber trotzdem zeigen, dass es möglich ist, in einer globalisierten Welt mit Menschen anderer Kulturen und Auffassungen zusammen zu leben. Da sind unsere katholischen Gemeinden ein Vorbild. Da gibt es einige, wenige Schweden, die meisten kommen aus anderen Ländern. Zusammen versuchen wir, eine lebendige, echte Gemeinschaft im Glauben, in der Liebe und in der Hoffnung aufzubauen. Ich denke das ist ein kleines, aber doch wichtiges, prophetisches Zeichen für die Gesellschaft. Es ist möglich, zusammen zu leben, obwohl man anders ist.
domradio.de: Wie setzen Sie dieses Zusammenleben konkret in den Gemeinden um?
Kardinal Arborelius: Das ist bei uns sehr unterschiedlich. Es gibt verschiedene Missionen. Die orientalischen Kirchen zum Beispiel, die in ihren eigenen Sprachen und ihren Riten Gottesdienst feiern. Es gibt aber auch die allgemeinen Gemeinden, wo das meiste auf Schwedisch geschieht, und die Menschen versuchen, auch wenn sie die Sprache nicht so gut beherrschen, zusammen zu leben. Das ist ein Weg, und ich denke, dass es für die Menschen sehr wichtig ist, zu sehen, dass wir alle gemeinsam dieselbe Liturgie feiern können. Der Glaube ist für uns alle derselbe, und wir gehören zusammen.
Das Gespräch führte Renardo Schlegelmilch.