Sollen liturgische Geräte wie Kelche, Hostienschalen oder Monstranzen immer vergoldet sein? Der Vorzug von Gold als besonders edles und der Gottesverehrung würdiges Material ist zunehmend mit ethischen Bedenken und Fragestellungen konfrontiert.
Das befand auch die Ordensfrau Anneliese Herzig, theologische Referentin der Dreikönigsaktion der Katholischen Jungschar (DKA), bei der Jahrestagung Kirchenpädagogik im Stift Melk. Österreichs Kirchenführer setzten sich dabei Mitte Juni mit dem Thema "Was ist würdig? Reichtum und Gold der Kirche als Anfrage" auseinander.
Ein Barren Gold für eine ganze Barockkirche
Speziell in der Barockzeit fand Gold in Kirchen großzügig Anwendung - "da es als Abglanz des Himmlischen galt, als Ausdruck von Lebensfreude und Sinnlichkeit und als Merkmal eines besonders schönen und erheblichen Festraumes", wie Helga Penz, Leiterin des Kulturgüter-Referats bei den Ordensgemeinschaften und Mitorganisatorin der Tagung, erklärte. Genauso wie die Schlösser dieser Zeit, sollten auch Gotteshäuser groß, weit und glänzend sein und sich vom Lebensalltag abheben. Eindrucksvoll zeige dies die Stiftskirche des Tagungsortes Melk vor.
Was viele freilich nicht wissen: Ausnahmslos sind in Kirchen Vergoldungen im Einsatz - "auch wenn viele glauben, dass es sich um Massivgold handelt", betonte Penz. "Goldene" Statuen sind also aus Holz oder Gips, überzogen mit einer Haut von einem siebentausendstel Millimeter Gold. "Der künstlerische Wert übersteigt den Materialwert um ein Vielfaches. Mit einem Barren Gold könnte man also eine ganze Barockkirche vergolden", so die Historikerin. Auch bei liturgischen Geräten verhält es sich ähnlich, wobei Kelche oft aus Silber sind und eine Vergoldung auch innen unbedingt benötigen - denn der Wein wäre vergiftet, käme er mit dem Silber in Berührung.
Dennoch haben sich die Zeiten geändert: Gold wird heute nicht mehr nur bewundert und bestaunt, kritische Anfragen bei Kirchenführungen häufen sich. "Immer wieder kommt die Kritik, der Prunk und Reichtum der Kirchen sei dem zeitgemäßen Glauben nicht mehr angemessen", berichtete Penz. Der große Aufwand von einst für die Gottesverehrung rufe heutzutage Erklärungsbedarf hervor - wenngleich es auch innerhalb der Kirche schon immer Gegenbewegungen wie etwa die auf Einfachheit und Schmucklosigkeit pochenden Bettelorden und Armutsbewegungen gegeben habe.
Menschenrechte im Blick
Neben dem Wandel im Kirchenverständnis kommen zudem auch Umwelt- und Menschenrechte ins Spiel: Gold sei aus heutiger Sicht eher ein Symbol des Unrechts gegenüber Ländern des Südens, geschehe das Schürfen doch weltweit nie nachhaltig und die Verhüttung selbst bei Kleinbetrieben stets unter Einsatz von gesundheitsschädlichem Quecksilber, sagte Penz. "Genauso wie bei der Kleidung oder der Nahrung sollten wir in der Kirche auch fragen: Wo kommt unser Kirchenschmuck her?", so die Expertin.
Suche man nach Alternativen, gehe es dabei vor allem um die Überlegung, was heute als "schön" und der Gottesverehrung würdig gelte. Das Kirchenrecht bestimmt für liturgische Geräte, ein "edles und beständiges Material" einzusetzen, Vorgaben für die konkrete Umsetzung sind der jeweiligen Bischofskonferenz überlassen. Bei Kelchen muss beispielsweise sichergestellt sein, dass sie kleine Stürze überstehen - womit Keramik ausscheidet. Zudem darf das Material keinen Wein aufnehmen. Eine endgültige Lösung werde es nie geben, so die Einschätzung von Penz. "Der Zeitgeschmack und das Kulturverständnis ändern sich ständig und Kirchen sehen weltweit völlig unterschiedlich aus."
Anfragen nach dem Muster "Kann man das Geld nicht den Armen geben?" gelte es in Bezug auf Barockkirchen freilich differenziert zu betrachten. So prunkvoll goldene Kirchen auch seien, stellten sie dennoch keinen ökonomischen Reichtum dar, sondern eher eine Herausforderung für den Erhalt. Penz: "Das Geld dafür müssen die Klöster zum Großteil selbst erwirtschaften. Denn wer würde schon eine Barockkirche abkaufen?" Es sei hier aber auch ein Gesinnungswechsel zu beobachten: "Der Melker Konvent überlegte nach dem Zweiten Vatikanum, das prachtvolle Kloster aufzugeben und ein einfaches Kloster im Wald zu errichten. Heute sieht man sich als Treuhänder eines kulturellen Erbes."