"So lange Menschen auf überfüllten Schiffen im Mittelmeer eine Aufnahme in einzelne Länder suchen, aber abgewiesen werden und so einer ungewissen Zukunft entgegensehen, ja vielleicht sogar sterben müssen, können wir nicht von Frieden sprechen", sagte der Bischof.
Bei allem Bemühen, den Flüchtlingsstrom in gute Bahnen zu lenken, seien Christen herausgefordert, die Auseinandersetzungen um die Asylpolitik "nicht zu Spaltungen und zu Zerrissenheit führen zu lassen".
Vielmehr gelte es, dem Bibelwort aus dem Matthäus-Evangelium zu folgen, in dem es heißt: "Ich war fremd, und ihr habt mich aufgenommen." Christen blieben diesem Wort verpflichtet.
Das bedeutete, zu einer großen Sensibilität bis in die Sprache hinein dazu beizutragen, "dass wir auch in jedem Migranten, in jedem Flüchtling, dem Herrn begegnen können, weil Er sich mit ihnen identifiziert", sagte Genn.
Warnung vor nationalen Alleingängen
Indes unterstreichen CDU- und CSU-Politiker ihre Positionen zur Asylpolitik. Vor den Beratungen der Vorstandsgremien von CDU und CSU über das weitere Vorgehen in der Flüchtlingspolitik haben Spitzenvertreter beider Parteien am Sonntag nochmals ihre Positionen unterstrichen.
CDU-Politiker warnten vor nationalen Alleingängen an den deutschen Grenzen und warben für einen Kompromiss auf Basis der von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) beim EU-Gipfel ausgehandelten Vereinbarungen. Aus der CSU kamen dazu sowohl Kritik als auch Zustimmung.
Armin Laschet (CDU), Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, sagte der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" (FAS), der EU-Gipfel vergangene Woche habe bei der Migration ein besseres Ergebnis erzielt "als wir noch vor ein paar Tagen erwarten durften". Dies bedeute, dass die EU-Außengrenze gemeinsam wirkungsvoller geschützt werde als bisher. "Die CSU hat viel erreicht. Ich hoffe, dass nationale Alleingänge jetzt vom Tisch sind", sagte er.
Ergebnisse vom EU-Gipfel "gute Grundlage"
Auch der baden-württembergische Ministerpräsident Thomas Strobl (CDU) lobte das Gipfel-Ergebnis als "gute Grundlage, um die Zuwanderung noch stärker zu steuern und zu begrenzen". Zugleich sprach er sich für stärkere polizeiliche Kontrollen auch an den Binnengrenzen aus. Er bezog sich damit auf die geplante Schleierfahndung. Sie soll nach dem Willen Merkels verstärkt werden, wie aus einem Schreiben hervorgeht, dass das Kanzleramt am Samstag den Spitzen der Koalition übermittelte.
EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger, der dem CDU-Vorstand angehört, warnte die CSU vor einem nationalen Alleingang an der Grenze. Er rate, die "Chance einer europäischen Lösung zu erkennen und daran zu arbeiten", sagte Oettinger in der FAS.
Skeptisch gegenüber den Vereinbarungen Merkels mit anderen EU-Staaten zeigte sich indes CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. Er habe Zweifel, ob die EU-Ratsbeschlüsse "alle Realität werden", sagte er der "Bild am Sonntag" und verwies auf "divergierende Wortmeldungen" aus den Mitgliedsstaaten. Hintergrund ist, dass von den 14 Ländern, die laut Bundesregierung bereits Vereinbarungen von Flüchtlings-Rücknahmen aus Deutschland zugesagt haben, sich Ungarn, Tschechien und Polen wieder distanzierten haben sollen.
Keine Einigung hinsichtlich Ankerzentren in der CSU
Auf den Vorschlag der Kanzlerin, in anderen Ländern bereits registrierte Asylsuchende in spezielle "Ankerzentren" auf deutschem Boden zu bringen, reagierten CSU-Politiker mit Zustimmung, aber auch mit Kritik. Der ehemalige CSU-Vorsitzende Erwin Huber, sagte der FAS: "Ankerzentren sehen wir sowieso vor. Das wäre eine geeignete Maßnahme."
CSU-Vorstandsmitglied Michael Frieser nannte "Ankerzentren" indes "weder neu noch hilfreich". Sie seien auch nicht "wirkungsgleich" mit den Plänen von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), der bereits in anderen Ländern registrierte Flüchtlinge an der deutschen Grenzen zurückweisen will. Merkel hatte in dem Schreiben an die Koalitionspartner, das dem epd vorliegt, auch solchen speziellen Ankerzentren vorgeschlagen.
Die stellvertretende bayerische Ministerpräsidentin Ilse Aigner (CSU) rief ihre Partei zur Mäßigung auf. In der Brüsseler Gipfel-Erklärung stünden viele wichtige Punkte. Am Sonntag treffen sich die Spitzengremien von CDU und CSU in Berlin und München. Dabei geht es um die in von Merkel in Brüssel erreichten Vereinbarungen zur Flüchtlingspolitik. Die CSU muss entscheiden, ob ihre Forderungen nach einer verschärften Asylpolitik damit erfüllt sind.