Kardinal Woelki berichtet von seiner Indien-Reise

"Ich bin angetan von der Herzlichkeit der Menschen"

Der Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki reist durch Indien. Er folgt damit einer Einladung des Großerzbischofs der syro-malankarischen Kirche. Im Interview schildert er seine ersten Eindrücke.

Großerzbischof Mar Cleemis der Syro-Malankaren (rechts) und Weihbischof Mgr. Christodass begrüßen Kardinal Woelki am Flughafen Trivandrum / © Nadim Ammann (Erzbistum Köln)
Großerzbischof Mar Cleemis der Syro-Malankaren (rechts) und Weihbischof Mgr. Christodass begrüßen Kardinal Woelki am Flughafen Trivandrum / © Nadim Ammann ( Erzbistum Köln )

DOMRADIO.DE: Sie sind seit Mittwochabend in Indien. Wie ist denn Ihr erster Eindruck?

Rainer Maria Kardinal Woelki (Erzbischof von Köln): Es ist hier natürlich sehr warm und sehr schwül, das beeinträchtigt uns schon ein wenig. Aber ansonsten bin ich sehr angetan von der Herzlichkeit der Menschen, mit der wir hier aufgenommen werden. Wir waren die ersten beiden Tage in Mumbai und haben dort Kardinal Carcias besucht. Gemeinsam waren wir bei einer Ordensgemeinschaft, mit der das Erzbistum Köln seit langem Kontakte pflegt und deren Projekte wir mit unterstützen. Jetzt sind wir nach Kerala gekommen und hier ebenfalls ganz herzlich und offen willkommen geheißen worden.

DOMRADIO.DE: Anlass der Reise sind unter anderem die heutigen Feierlichkeiten anlässlich des 65. Todestages des Gründers der syro-malankarischen Kirche. Gerade eben war der Festgottesdienst. Wie war es?

Woelki: Die Kirche ist natürlich eine alte Kirche, die auf die römische Klassengemeinschaft zurückgeht. Der heutige Festtag, der 65. Todestag von Marc Iwannicos, würdigt einen, der vor mehr als 90 Jahren die Union mit der römischen Kirche und dem Papst vorangetrieben hat. Damit hat er eine alte orientalische Kirche wieder in die Einheit mit der römischen Kirche geführ. Das wird hier sehr groß gefeiert. Ein Wallfahrtstag mit über 4000 Menschen und wahnsinnig viele junge Leute, Kinder, Jugendliche. Teilweise sind Sie seit fünf Tagen unterwegs und sind über 150 oder 200 Kilometer zu Fuß gelaufen, oft barfuß, oder in Badelatschen, betend und singend. Das waren sehr beeindruckende Stunden und ein beeindruckender Gottesdienst. Gestern Abend haben wir bei einer großen Lichterprozession durch den Ort mitgemacht. Es waren wirklich bewegende Bilder und bewegt bin ich vor allen Dingen von der tiefen Gläubigkeit und der Spiritualität der Menschen.

DOMRADIO.DE: Jetzt sind Christen mit zwei bis drei Prozent in Indien eine religiöse Minderheit. Wie erleben Sie die Situation der Christen vor Ort?

Woelki: Ich glaube nicht, dass man das so generell sagen kann. Hier in Kerala leben sehr viele Christen, die sich auf den Apostel Thomas zurückführen, der damals über den Irak nach Kerala nach Südindien gekommen ist. Von diesem Apostel Thomas heißt es, dass er sogar noch sieben Kirchen selber gegründet und gebaut haben soll. Insofern ist hier unten im südindischen Bundesstaat Kerala, gleich am Arabischen Meer gelegen, eine große Gruppe von Christen. Wo ich zur Zeit bin, sind ungefähr 20 Prozent der Bevölkerung Christen. In Mittel-, Zentral- und Nordindien sieht das natürlich anders aus. Dort gibt es nur wenige Christen, wenn überhaupt zwei bis drei Prozent. Es gibt gegenwärtig tatsächlich schon Spannungen. Es gibt Bestrebungen von bestimmter hinduistischer Seite, Indien wieder zu einem hinduistischen Staat zu erklären und darunter leiden natürlich auch die Christen. Und es gibt auch die Situation, dass Christen hier verfolgt und eingesperrt werden. Insofern ist die Situation in Teilen von Indien für Christen sehr schwierig. Hier in Kerala jedoch ist sie eigentlich relativ entspannt.

DOMRADIO.DE: Welche Verbindungen bestehen zwischen den Bistümern in Indien und dem Erzbistum Köln?

Woelki: Grundgelegt ist zum Beispiel die Freundschaft hier mit der syro-malankarischen Kirche seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil. Dort ist Kardinal Frings dem Katholikos der Syro-Malankaren begegnet und dort hat sich eine Freundschaft entwickelt, die seitdem gehalten hat und durch viele, viele Projekte und Besuche über all die Jahre hinweg gepflegt worden ist. Ich habe hier auch Bilder von Kardinal Höffner entdeckt, der hier gewesen ist. Vor 18 Jahren war auch Kardinal Meisner das letzte Mal da. Wir haben hier natürlich sehr viele Beziehungen in die Gemeinden hinein. Wir haben bei dem Bau von Kirchen und Pfarrzentren geholfen. Wir haben den Aufbau der Kurie mit unterstützt. Wir haben den Aufbau des Priesterseminars gefördert und dann haben wir darüber hinaus natürlich ganz viele andere Beziehungen, weil bei uns im Erzbistum viele englische Ordensgemeinschaften arbeiten.

Ich denke zum Beispiel an die Kamellieten, die bei uns Dienst tun. Es sind 23 Mitbrüder, die als Pfarrer bei uns eingesetzt sind. Wir haben eine indische Gemeinschaft in Marienheide. Wir haben sehr, sehr viele indische Ordensgemeinschaften bei uns, indische Schwestern in unseren Altenheimen, Caritas-Einrichtungen und Krankenhäusern. Ich habe vor einiger Zeit einen Ausflug auf dem Schiff mit pensionierten Priestern und Ordensleuten gemacht. Und als ich auf das Schiff gekommen bin, war der große Teil des Schiffes von afrikanischen und indischen Ordensfrauen besetzt. Die besuchen wir jetzt hier und unterhalten die Beziehungen. Ich werde auch nach Bangalore fahren, wo wir vor Jahren ein theologisches Institut mit aufgebaut haben. Dort werden die Priester ausgebildet, die dann zu uns in die Mission kommen. Sie lernen dort schon etwas Deutsch und etwas über die deutsche Kultur und werden so auf den Dienst bei uns vorbereitet.

Das Gespräch führte Martin Mölder.

 

Kardinal Woelki unter den Pilgern nach Trivadrum / © Nadim Ammann (Erzbistum Köln)
Kardinal Woelki unter den Pilgern nach Trivadrum / © Nadim Ammann ( Erzbistum Köln )

 

Der Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki mit Kardinal Oswald Carcias im Priesterseminar in Mumbai / © Nadim Ammann (Erzbistum Köln)
Der Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki mit Kardinal Oswald Carcias im Priesterseminar in Mumbai / © Nadim Ammann ( Erzbistum Köln )
Quelle:
DR