Die geplante Einstufung umfasst Algerien, Marokko, Tunesien und Georgien als sichere Herkunftsstaaten. Die Annahme, dass in diesen vier Ländern keine Verfolgung, Diskriminierung oder Unterdrückung stattfinde, sei "aufgrund der realen Situation vor Ort nicht gerechtfertigt", heißt es in dem am Freitag in Frankfurt veröffentlichten offenen Brief.
"Fundierte Indizien"
"Nachweislich werden Menschen dort weiterhin aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder Identität, ihres Geschlechts, ihrer Religion oder politischen Überzeugung diskriminiert und verfolgt", hieß es weiter. Darüber hinaus gebe es "fundierte Indizien für die Anwendung von Folter und die Praxis des Menschenhandels".
Am 18. Juli hatte das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf zur Einstufung der drei Maghreb-Staaten und Georgiens als sichere Herkunftsstaaten verabschiedet. Der offene Brief richtet sich an Mitglieder der hessischen Landesregierung und der Grünen-Landtagsfraktion. "Da die Verabschiedung dieses Gesetzesvorhabens letztlich von der Zustimmung des Bundesrats abhängen wird, kommen wir mit unserem Anliegen auf Sie zu", so die Unterzeichner. Dies sind die Diakonie Hessen, der Caritasverband für die Diözese Limburg, Amnesty International Deutschland, Pro Asyl, der Hessische Flüchtlingsrat, der hessische Landesausländerbeirat (agah) sowie Landesverbände des Paritätischen und der Arbeiterwohlfahrt (AWO).
"Wir schieben teilweise die falschen Menschen ab"
Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) sieht keinen Anlass, die von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) geforderten Ankerzentren für Asylbewerber einzurichten. "Wir managen unsere Aufnahmeeinrichtungen gut. Alle wichtigen Akteure und Behörden arbeiten dort unter einem Dach", sagte Dreyer im Interview der "Welt" (Samstag). "Unsere Justiz gewährleistet bundesweit die schnellsten Verfahren."
Damit habe man "das Anliegen des Koalitionsvertrages erfüllt", so die stellvertretende SPD-Vorsitzende weiter. "Was Herr Seehofer darüber hinaus will, das weiß ich nicht." Dreyer forderte Seehofer zugleich auf, das von der Berliner Koalition vereinbarte Fachkräftezuwanderungsgesetz fertigzustellen. Die Wirtschaft brauche Fachkräfte. "Wir schieben teilweise die falschen Menschen ab, nämlich solche, die gute Jobs haben und längst integriert sind. Das muss endlich gesteuert werden", sagte Dreyer.
Die Mainzer Regierungschefin bezeichnete Vorwürfe, ihr Land schiebe zu wenig abgelehnte Asylbewerber ab, zurück. "Das ist ein Märchen. Rheinland-Pfalz liegt im Bundesvergleich bei Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber auf Platz vier und bei der freiwilligen Ausreise auf Platz drei und damit auch vor vielen CDU-regierten Bundesländern", sagte sie. So habe ihr Land gerade einen somalischen Staatsbürger, "der uns viele Probleme bereitet hat, freiwillig zurückgeführt, nachdem eine Abschiebung nicht möglich war, weil sich Somalia weigerte, ihm Papiere auszustellen".